Tito Larriva und Band spielen im Rahmen der LOST TARANTISM Tour heute im legendären, komplett ausverkauften Underground in Ehrenfeld. Man tourt schon länger für die VÖ des gleichnamigen Albums mit zwölf neuen Tracks und die Frühjahrsgigs waren so erfolgreich, dass Köln heute von einem Zusatztermin profitiert.
Das Publikum – sehr gemischt und oft jünger, als man erwarten würde (in dem Fall man gern spanisch spricht) wartet etwas länger, aber gern im Biergarten auf den Konzertbeginn. Ohne Vorband geht es los und man weiß hier von der ersten Sekunde an, wie man eine Legende zu empfangen hat: Jubel bricht los. Tito & Tarantula wurden bekannt (falls man das hier noch erzählen muss) durch ihren Anteil als Musiker und Darsteller in Robert Rodriguez Vampir-Splatter-Roadmovie „From Dusk Till Dawn“.
Titos bildschöne, freundliche Tochter Lolita Carroll Larriva (Bass, Vocals) versteht ihr Handwerk bestens und bildet einen coolen, entspannten Gegenpol zu ihrem exaltierten Vater. Marcus Praed (Tasten & Bass), Johnny „Vatos“ Hernandez (Drums), Peter Atanasoff (Gitarren) und eine leider nicht zu recherchierende Musikerin (Gitarre, Vocals, Maracas) machen den Sound komplett, den die Band als eine Mischung aus Rock ’n‘ Roll, Chicano Rock, Rhythm & Blues und Punkrock bezeichnet. Es gibt eine Mischung von Songs aus der neuen VÖ und Klassikern von dem allerersten Album TARANTISM (1997), das 2015 in einer Remastered Version veröffentlicht wurde.
Sehr positiv festzuhalten: Heute versperren mal keine bommelverzierten Sombreros die Sicht auf die Bühne, wie einst bei einem Auftritt im Alten Wartesaal: Jeder und jede kann Tito nicht nur hören, sondern auch sehen. Und das lohnt sich, den für Tito Larriva wurde der Begriff Rampensau wahrscheinlich erfunden. Über zwei Stunden gibt er mit seiner Band eine großartige Vorstellung. Topfit und mit bestem Draht zum Publikum zeigt er den Kölnern heute mal wieder, wie das so ist mit dem Rock ’n‘ Roll.
Larrivas Stimme ist mitreißend, unverwechselbar rau und trotzdem virtuos: Er singt sich komplett durch – schmettert, schreit, flüstert, schmeichelt. Von Rock mit maximaler Drehzahl schaltet er mühelos in so nicht erwartete, nicht wirklich balladenhafte, aber langsame Stücke, die sich durch eine unpeinliche Outlaw-Romantik auszeichnen. Es fällt auf, dass die Texte oft wirklich schön sind. Kurz vor dem dritten Song fällt Tito auf, dass er hungrig ist und träumt von einem Fischbrötchen, das aber ad hoc beim Publikum doch nicht so einfach einzuholen ist…
Also geht es direkt weiter: Erste Höhepunkte sind „Jokes On Me“ und „Damn Good Day to Die“ vom neuen Album. Song für Song testet man im Underground aus, wie man den Beifall noch steigern kann. Vor dem fantastischen „Navajo In An Ufo“ (ebenfalls von LOST TARANTISM) folgt die nächste Phantasie – Tito Larriva wäre gern der „mexikanische Jonny Cash“. Die Zuhörer sind damit gut eingenordet, denn jetzt erinnert der Sänger wirklich etwas an Cash und kommt damit richtig gut an.
Eine furiose Version von „Killing Just For Fun“ (TARANTISM) erinnert alle wieder an den Film, der Tito & Tarantula berühmt gemacht hat. Sporadisch hat man schon zu Beginn des Gigs Rufe nach dem Song „After Dark“ oder das wahnwitzige „Aiaiai!!!“ gehört, das „Angry Cockroaches“ final aus der Kurve trägt.
Man wird nicht länger auf die Folter gespannt und Larriva wartet mit einem genialen Schachzug auf: Der überlebensgroße Song „After Dark“, wird als suggestive, laszive Skizze angelegt. Die Eröffnung dauert ewig, Text und musikalische Mittel sind reduziert und die Spannung steigt mit jeder Minute. Tito holt nach und nach ruhig und einladend Frauen (und auch mindestens einen Quoten-Mann) auf die Bühne und animiert sie zum Tanzen – für sich, mit ihm, miteinander. Bald ist es so voll, dass die Musiker gerade noch ihre Arbeit machen können. Das Publikum ist hingerissen und dokumentiert besessen mit den Smartphones den Moment. Man kann das eine Pest finden, aber es verdirbt den Zuhörern und Zuschauern nicht wirklich den Augenblick. Sogar Larriva macht entspannt ein paar Fotos von sich und seinen Besucherinnen auf der Bühne. Alles gut.
Danach tut man so, als wäre das Konzert zu Ende, aber nach einer etwas längeren Wartezeit (das Underground bietet wie immer die passende Hitze zur Musik und die Band ruht sich wahrscheinlich wirklich aus) trifft man sich zu den Zugaben wieder.
Zusammen blickt man in das „Strange Face Of Love“ und mit der Kirsche auf der Torte endet der Auftritt: „Angry Cockroaches“ fliegt den Zuhörern um die Ohren. Sänger und Band holen noch mal alles aus sich raus und sobald man denkt, „Das wars jetzt aber!“ gehen Tito & Tarantula in eine weitere, noch schnellere Runde.
Die LOST TARANTISM Tour ist fast zu Ende, aber wann immer Tito und seine Leute in der Nähe sind, sollte man sich das nicht entgehen lassen. So viel Können, Spaß am Job und Verbindung zum Publikum hat lange nicht jede Combo zu bieten, die man mit dem Etikett Kultband beklebt. Bis zum nächsten Mal also und jederzeit ¡Bienvenidos! in Köln.
Setlist
1. Smiling Karen
2. Slippin‘ & Slidin‘
3. Back to Mexico
4. Jokes on Me
5. Damn Good Day to Die
6. Sweet Cycle
7. Jupiter
8. Back to the House
9. See You on the Way Down
10. Wild Love
11. Navajo in a Ufo
12. Cry in the Night
13. Killing Just for Fun
14. In My Arms Tonight
15. Gimme Respect
16. After Dark
Encore:
17. Strange Face
18. Angry Cockroaches