Unter meinem Bett II – Ene, meine Mopel zum Mittag gibt es Popel!!!!
Nachdem der Sampler UNTER MEINEM BETT im Herbst 2015 veröffentlicht wurde, schienen sich die Gräben zwischen den musikalischen Vorlieben der Erziehungsberechtigten und der Erziehungsempfänger durch die Stücke der Indiepop-Interpreten aus deutschen Landen zu schließen – Kindern wurde durch die Stücke ein Musikhorizont eröffnet, den auch große Menschen lieben. Durch den Sampler gibt es nun ein Musikmedium, was die großen und die kleinen Menschen gleichermaßen anspricht und damit fröhliche, zufriedene Gesichter auf beiden Seiten hinterlässt. Vorbei ist die Zeit, in der ein Mann wie Rolf Zukowski eine musikalische Kinderkost anbot, welche ein musikalisch einigermaßen interessierten Erwachsener nur aufgrund der melancholischen Erinnerung an die „Weihnachtsbäckerei“ tolerierte. Die Wirkung der Songs der ersten Scheibe lässt sich bestens anhand des Liedes „Der Tee von Eugenia“ von Francesco Wilking und Moritz Krämer skizzieren – lange Autofahrten werden durch fröhlich krächzendes Mitsingen der Kinder verkürzt und ungeliebte Früchtetees mutieren unter diesem Label zu hippen Kindergetränken, neben denen angesagte Limonaden oder fair gehandelte Erfrischungstees bleischwer im heimischen Vorratsregal stehen bleiben.
Die Ankündigung von UNTER MEINEM BETT II sorgte im Freundeskreis für sehr fröhliche Gesichter. Die Idee, selbige Scheibe mangels eigenen Nachwuches mit anderen vertrauten, jungen Menschen zu besprechen, lag nahe. Aus diesem Grunde hörten sich der Autor und sein Patenkind, eine junge 6-jährige Erstklässlerin Namens Merle, die Scheibe an und fällten ihr Urteil.
Selbiges fällt übereinstimmend aus. Groß und Klein finden den Sampler mit seinen Stücken sehr, sehr gut und überraschender Weise haben auch beide beim Ohr d´Oeuvre fast die gleichen Favoriten.
Das Bo & Co mit „Quatschmachen und Schlapplachen“ ist ein Highlight für beide Generationen. Der Song gibt aus Sicht der großen Menschen einen Einblick, in welcher Form deutsche Reimmusik funktioniert. Eingängige Schemen in den Sprachrhythmen, ein charmanter Grundgroove bilden die Basis des Songs. Zum Ende ergänzt Bo´s Freund Synthie diese durch elektronische Elemente, die auch bei Hip-Hop-Songs genutzt werden. Merle mag den Song, weil er dazu motiviert „total verrückt und ausgeflippt zu sein“. Zudem ergänzt sie, dass ihr kleiner, bald dreijähriger Bruder, den Song super findet und dazu immer wie verrückt tanzt.
Ebenso findet die Höchste Eisenbahn bei beiden Generationen volle Zustimmung. Während „Gib nicht so an“ bei den Älteren klar an die wohl bekannten Songs der beiden ersten Alben der Band erinnert, findet Merle gut, dass „in dem Song die Angeber als total doof“ dargestellt werden. Solche Kinder mag sie nämlich nicht. An dem Lied gefallen ihr die Gitarren und der Gesang. Zudem findet sie toll, dass es die gleiche Musik ist, die auch Mama und Papa manchmal im Auto hören. Dem ist wenig hinzuzufügen. Der Song könnte vom Arrangement und der Struktur problemlos auf einem Studioalbum der Band sein.
Die dritte Empfehlung ist auf beiden Seiten sehr unterschiedlich. Merle begeistert „Andersrum“ von Lisa Bassange, weil in dem Song angesprochen wird, dass Kinder nicht immer alles so sehen müssen wie die Erwachsenen. In dem Lied wird klar ausgedrückt, dass Kinder in Ordnung sind, wenn sie etwas nicht so machen, wie es erwartet wird, sondern andersrum. Darüber hinaus mag sie den Rhythmus, das Klavier und den Gesang von Lisa Bassange.
Für große Menschen erinnert „Svenja und Raul“ von Erdmöbel in Struktur, Instrumentierung und Arrangement sehr stark an die Songs ihres 2010er Klassikers KROKUS, welcher in jedweden Jahrescharts erschien. In dem Song skizziert Markus Berges fragmentartig Sequenzen aus dem Leben von einem Mädchen und ihrem Hund.
Merle mag – wie sie mehrmals erwähnt – den Song mit dem Wolf sehr gerne, auch wenn die Geschichte von Bela B anders als ihr bisher bekannt erzählt wird. Sie findet, dass sie gut mit ihrem Bruder zu dem Lied toben und tanzen kann. „Der Song macht viel gute Laune und der Sänger macht mit seiner Stimme viel Spaß“.
Als Fazit zu UNTER MEINEM BETT II ist zu sagen, dass die Lieder sowohl Kinder als auch Erwachsene ansprechen und für beiden Generationen die Intention guter Musik schlichtweg erfüllen – alle finden auf dem Sampler Lieder, die sie ausgesprochen gut finden. Daneben nutzen die Künstler die Möglichkeit, für junge Menschen ein Feld zu bestellen, auf dem später andere, wahrscheinlich sehr alternativ angehauchte Musik auf fruchtbaren Boden fallen kann. Die Basis für einen gemeinsamen, generationsübergreifenden musikalischen Horizont wird wie schon bei der ersten Auflagen des Samplers gelegt.
Die letzten Gedanken dieser Kritik gehören Merle. Sie mag das Cola- (von der Liga der gewöhnlichen Gentlemen) und das Farben-Lied (von Erobiques und Jacques Palminger) sehr, weil Papa sich immer so freut, wenn die Lieder auf der CD kommen. Es ist also sehr empfehlenswert, diese CD käuflich zu erstehen, um gute Unterhaltung zu haben, musikalische Früherziehung für die Kinder in einer anderen Dimension zu erreichen und das Fundament für eine neue Generation potentieller L`age d´or-Hörer zu legen. Egal ob als Vinyl- oder CD-Ausgabe der Tonträger sollte spätestens zu Weihnachten als Muss unter dem heimischen Baum liegen.
VÖ: 21.Oktober 2016 (CD) & 28. Oktober 2016 (Vinyl), Oetinger Audio, http: www.oetinger-audio.de
Ohr d’Oeuvre: Merle: Quatschmachen und Schlapplachen/ Andersrum/ Gib nich´so an // Karl Otto Ferdinand: Quatschmachen und Schlapplachen/ Svenja und Raul/ Gib nich´so an
Gesamteindruck: Merle: 7,5/10 // Karl Otto Ferdinand: 8,0/10
Tracklist: LAING – Mücken nerven Leute / DAS BO & CO – Quatschmachen und Schlapplachen/ ERDMÖBEL – Svenja und Raul/ LISA BASSENGE – Andersrum/ ENNO BUNGER – Stachelschwein/ DIE HÖCHSTE EISENBAHN – Gib nich´ so an/ BELA B – Der Wolf mit dem Hut/ CÄTHE – Fahrradfahren/ LOCAS IN LOVE – Von hier oben/ DENIZ JASPERSEN (HERRENMAGZIN) – Was der Papa sagt/ DIE LIGA DER GEWÖHNLICHEN GENTLEMEN – Eine Cola soll es sein/ EROBIQUE & JACQUES PALMINGER – Farben/ ALBRECHT SCHRADER – Ich und die anderen/ DOTA – Den lieben langen Tag