Am Dienstag gaben sich mit Jon Snodgrass, Northcote und Matze Rossi drei großartige Singer-/Songwriter im Kölner Gebäude 9 die Ehre. Vor einigen Jahren hätte man das Ganze wahrscheinlich „Revival Tour“ genannt und die Türen des Gebäude wären von der holzfällerbehemdeten Menschenschar eingerannt worden. Das passiert am kältesten Dienstagabend des Jahres definitiv nicht. Macht aber nichts, da das Ganze damit noch gemütlicher wird.
Pünktlich um 8 tritt das Trio Infernale auf die Bühne, um zunächst einige Songs zu dritt zum Besten zu geben. Dabei zeichnet sich schon ein wenig die Rollenverteilung für den weiteren Konzertabend ab: Während Snodgrass den Conférencier gibt, ist Northcote der Fels in der Brandung und Matze Rossi hat – wie so oft in Köln – ein kleines Heimspiel.
Weiß Bernd Begemann eigentlich, dass er einen verlorenen Bruder in den USA hat? Die charmant, frotzelige Art des kleinen, leicht untersetzten Punkrock-Barden Snodgrass erinnert nicht nur einmal an Begemann. Er ist es auch Snodgrass, der die ersten Songs solo zum Besten gibt. Dies macht er ohne Setlist, sondern auf Zuruf des Publikums. Kann er mal den Text nicht, fragt er augenzwinkernd die ersten Reihen, ob ihm irgendwer bei der ersten Strophe auf die Sprünge helfen kann. Ein sehr kurzweiliger Einstieg.
Nach Jon Snodgrass ist Matze Rossi an der Reihe. Schnell wird klar, dass der Großteil der Anwesenden für den sympathischen Franken gekommen ist. Rossi macht das, wofür ihn sein Publikum liebt. Er singt seine Songs mit Inbrunst und lockert das Ganze immer wieder mit augenzwinkernden Ansagen auf. Das wirkt alles sehr authentisch und publikumsnah. Kleiner Höhepunkt ist ein Nieser von Jon Snodgrass im Backstage, der so laut ist, dass sowohl Matze Rossi als auch das Publikum gar nicht anders können, als laut zu lachen. Aber auch das meistert Matze Rossi in seiner bekannten „Grinsekeks-Manier“! Spätestens als noch Northcote auf die Bühne kommt, um mit Rossi zusammen ein Lied zu raunen, für das er extra Deutsch gelernt hat, weiß man, dass sich der Ausflug durch die arktischen Kälten mehr als gelohnt hat.
Im Anschluss darf dann Matt aka Northcote auf die Bühne. Wem Chuck Ragan inzwischen zu „hillbillyesk“ geworden ist, der ist bei dem Vorzeige-Kanadier aus Vancouver Island genau richtig. Etwa zwölf Meter groß und gefühlt ebenso breit, im karierten Holzfällerhemd, mit einer Stimme, die selbst den gerade erwähnten Ragan erblassen ließe, würde man den Sympathen einfach gern in den Arm nehmen. Herzerwärmende Songs, sympathische Anekdoten und die Einladung ans Publikum, ihn doch mal im westlichsten Teil British Columbias zu besuchen, lassen die Punktzahl auf der Sympathieskala ins unermessliche steigen.
Nach Northcote kommen zum großen Finale nochmal alle drei auf die Bühne bzw. beim Song „Best Friend“ vor die Bühne. Dieser Song, den Matze für seinen besten, viel zu früh verstorbenen Freund Wautz geschrieben hat, stellt dann auch den emotionalen Höhepunkt des Konzertes da. Wunderschön zu sehen wie die drei – die sich bis vor wenigen Tagen noch nicht wirklich kannten – diesen Song als Einheit spielen. Zu Zeiten der „Revival Tour“ wäre das Gebäude 9 wahrscheinlich zu klein für solch ein Bandpaket gewesen. Leider ist der Hype um derartige Konzerte etwas verflogen, hätten diese drei Ausnahmekünstler doch etwas mehr Zuschauer verdient gehabt. Für die, die dabei waren, war es auf jeden Fall ein großer Konzertabend zum Ende des Jahres.
5. Dezember 2016