Die Sterne – Kulturkirche, Köln – 15.02.2017
Nachdem zum 25-jährigen Bandjubiläum die wunderbare Werkschau MACH’S BESSER – 25 JAHRE DIE STERNE mit gecoverten Sterne-Songs erschienen ist, gehen die Protagonisten nun selber auf große Tour durch das Land. Für den Halt in Köln wurde gebührend feierlich die Lutherkirche in Nippes gewählt. Die Location hat auf das Publikum scheinbar eine besondere Wirkung.
Gegen 20:00 Uhr beginnt der Local-Act Locas in Love den angenehm unaufgeregten Auftritt zum Warm-Up für die Sterne. Diese betreten gegen kurz nach halb 9 in der gleichen Besetzung wie zur letzten Tour die Bühne oder – um der Kulturkirche gerecht zu werden – den Altarraum. Es überrascht ein wenig, dass Spilker und Co. direkt mit dem Uraltklassiker „Scheiss auf deutsche Texte“ beginnen. Knaller Song, der nur leider wenigen bekannt ist, was sich in den Gesichtern der Besucher zeigt.
Unabhängig davon ist zu Beginn des Konzertes eine große Diskrepanz zwischen der Stimmung im Publikum, der Band und leider dem Sound des Mischers zu bemerken. Die Sterne haben richtig Bock auf das Konzert, was auch an der Setlist bemerkbar ist. Auf den Opener folgt „Sonnenschirm“, „Nach Fest Kommt Lose“ und „In diesem Sinne“. Die Songs werden eher selten bei Sterne-Konzerten gespielt. Sie befinden sich auf dem Tribute-Album und Frank Spilker kündigt selbige mit einem Bezug zu dem jeweiligen Hintergrund an. Beim Publikum zünden die Stücke kaum. Ob, warum und weswegen – darüber lässt sich spekulieren. Ein Gesprächsfetzen, der nach dem Konzert aufgeschnappt wird, gibt aber einen Hinweis für den Grund „…..komisch, ich kannte wenige der Songs, die sie gespielt haben“. Vielleicht macht es doch Sinn noch einmal die ersten Alben der Band oder zumindest die Compilation zu hören. Ebenso korreliert zu Beginn des Konzertes der Sound in der Kirche in keinster Weise mit der Spielfreude und Motivation der Band. Die Gitarren sind kaum herauszuhören, das Schlagzeug wie auch Bass wirken stumpf, der Keyboardsound verfliegt schnell im Dachstuhl der Kirche und Spilkers Gesang tritt in dem Hintergrund – zudem spielen sie, wie er in einer Ansage anmerkt, zu Beginn mit einer ausgefallenen Monitoranlage….
Für diese Schwierigkeiten auf der Bühne entwickeln die Songs eine unglaubliche Bandbreite, die Band ist perfekt aufeinander eingespielt, improvisiert und gibt den Stücken nuanciert andere Anstriche als auf den Alben. Der Sound wird im Verlauf des Konzertes merklich besser und der Besucher konzentriert sich mehr und mehr auf die Band. Die schlecht zu erklärende, paradoxe und kritische Distanz zwischen dem Publikum und der Band erhält mit „Die Interessanten“ erste Risse. Die Sterne erspielen sich das Publikum im Verlauf des Abends und nehmen es mehr und mehr in ihren Bann. „Wichtig“ ist der Eisbrecher in der Setlist. Der Funke springt über. An dieser Stelle zeigt sich, warum die Sterne – neben Blumfeld und Tocotronic – eine so entscheidende Bedeutung für Indepentmusik mit deutschen Texten innehaben. Das lässt sich am ehesten nach dem Motto „Ohne ‚Ruiniert‘ keine ‚Amore‘ zusammenfassen“.
Nach „Wichtig“ brennt die Band ein Feuerwerk an Songs aus ihrem Repertoire ab, was jeden Hamburger Bengaloultrablock aus der Fankurve vor Neid erblassen lässt. Das neben den zu erwartenden „Universaltellerwäscher“ und „Ruiniert“ auch die „Risikobiographie“, „Stell die Verbindung her“ wie auch „Wahr ist…“ in dem Set sind, lässt das Herz vor Freude tanzen.
In der Zugabe wird die Aneinanderreihung musikalischer Sterne-Perlen fortgeführt und findet den Höhepunkt in dem grandiosen „Convenience Shop“, was eigentlich ein „Fickt das System“ und eine der ersten Bandveröffentlichungen ist. Das Konzert endet – den Schallschutzbetimmungen geschuldet – um halb 11 mit einer Acapella-Version von „Bis 9 bist Du ok“.
So weit – so schade, da nun die Besucher um den kleinen Finger der Band gewickelt sind, sich vollends auf sie einlassen und sicherlich noch Song um Song gefolgt wären. Aber es hat ja auch seinen Charme, ein Konzert am Gipfel zu beenden. Es ist zu hoffen, dass die Sterne noch lange gemeinsam Musik machen, vielleicht werden es „noch weitere 25 Jahre“ wie Spilker es zur Verabschiedung sagt. Dem Gedanken, die Band noch im Altersheim zu hören und vor den Auftritten die Mobilitätshilfen an der Garderobe abzugeben, obliegt ein gewisser Reiz. Mit dem Konzert in der Kulturkirche haben sie ein Fundament dazu gelegt…
Setlist
Scheiss Auf Deutsche Texte
Sonnenschirm
Nach Fest Kommt Lose
In Diesem Sinn
Aber Andererseits:
Mach Mich Vom Acker
Die Interessanten
Ihr Wollt Mich Töten
Deine Pläne
Depressionen Aus Der Hölle
Wichtig
Stell Die Verbindung Her
Risikobiographie
Universal Tellerwaescher
Wahr Ist Was Wahr Ist
Ruiniert
Anfang Verpasst
Sturm über der Hallig
Convenience Shop
(Fickt Das System)
Bis neun bist du Ok