Nothington – In The End
Die Bay Area Punks von Nothington haben sich nach ihrem letzten Kracher BORROWED TIME gute fünf Jahre Zeit gelassen, um den Nachfolger IN THE END unter die Leute zu bringen.
Fünf Jahre sind im schnelllebigen Musikbusiness eine halbe Ewigkeit. Genauso kam einem die Pause von Nothington auch vor. Gehörten sie Ende des ersten 2000er Jahrzehnts zur Speerspitze des raustimmigen Punkrocks, müssen sie sich nach der Pause erstmal wieder hinten in der Schlange der Genrekollegen anstellen. Das machen sie auch – jedoch nur ganz kurz, denn bereits nach wenigen Sekunden wird klar, dass sie mit IN THE END einen Großteil der Schlange links überholen.
Vielleicht haben die Jungs um Sänger und Stimmraubein Jay Nothington mit ihrer Pause alles richtig gemacht. Nachdem Punkrock mit rauer Stimme und offenem Holzfällerhemd zu Zeiten des Vorgängers BORROWED TIME so richtig durch die Decke ging und manche Kollegen mit dem Veröffentlichen neuer Platten kaum hinterherkamen, gingen Nothington auf Tour und schauten sich dann die Entwicklung des Ganzen aus der Ferne an. Ob das gewollt war oder eher eine Zwangspause, ist dabei zweitrangig, denn geschadet hat das Ganze der Band auf keinen Fall. Im Gegensatz zu manch uninspiriertem Output der Kollegen, klingen Nothington auf IN THE END nämlich frischer denn eh und je. Da rumpelt es, es wird geröhrt und an den richtigen Stellen – und das ist neu – wird auch mal die Handbremse gezogen. Das steht der Band unheimlich gut, denn dass sie veritable Punkrock Hits aus dem Effeff können, haben die Jungs auf all ihren Alben zur Genüge bewiesen. Dass sie aber auch Ausflüge in die Randgebiete des Indies draufhaben, kann durchaus auf dem Konto „Weiterentwicklung“ verbucht werden. So sollte es dem Vierer aus San Francisco leicht fallen, mit IN THE END die Fans der ersten Stunde zu begeistern und neue hinzuzugewinnen.
VÖ: 17.02.2017, Red Scare/Cargo, http://www.nothington.com/
Ohr d’Oeuvre: End Transmission/ It Comes And Goes // Nothing But Beaches
Gesamteindruck: 8/10
Tracklist: Already There/ Cobblestones/ The Lies I Need/ Burn After Reading/ End Transmission/ Things We Used To Say/ Nothing But Beaches/ The Hard Way/ It Comes And Goes/ Capture/ In The End
Bilderbuch – Magic Life
Das faszinierende an den Österreichern von Bilderbuch ist das sie nicht zu greifen sind? Ist diese übertriebene Sexualität, nur das ironische Spiel mit den Popklischees? Ist der zur Schau gestellte Hedonismus und dieser Hang zum Glamour, nicht einfach nur ein Veralbern der Konsumgeilheit unserer Tage? Oder meinen Sie das alles ernst?
Eigentlich relativ egal. Mit ihrer Mischung aus Sex, Glamour, Bling Bling ohne doppelten Boden, verbunden mit einem 80er Jahre Soundkostüm, was sich nur bei den größten von Michael Jackson bis Prince bedient und sich vermischt mit modernen Elektroclashsounds, haben sie auf SCHICK SCHOCK einen Nerv getroffen. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Vielleicht auch durch diese latente Unsicherheit, die sich trotz der zur Schau gestellten, kühlen Sexualität unter die Songs mischt. In „Maschin“ wird zwar der Sportwagen in das Zentrum des Songs gestellt, trotzdem möchte der Protagonist – eher kleinbürgerlich – die Angebetete zur Frau nehmen. An anderer Stelle, hofft er auf „mehr Zeit für Dich und mich“.
Nach dem ganzen Rummel und Erfolg, nun MAGIC LIFE, wo es für die Emporkömmlinge darum geht, den Standard zu halten und der eigenen Rolle gerecht zu werden. Die Erfolgsmischung wird im Großen und Ganzen beibehalten und songwriterisch veredelt durch Calypso- und Reggeaklänge. In den besten Momenten, wie dem epischen „Bungalow“ oder „I<3 Stress“ gelingt das den Vieren auch im Übermaß. Die gelangweilt, sexualisierte Stimme von Maurice Ernst legt sich dabei über gebrochene Bassspuren, die – unterbrochen von Gitarrensoli- und Elektrosoundsprengsel – im Refrain explodieren. Bilderbuch werden in diesen Songs ihrer Rolle voll gerecht. Ein wenig über den Dinge zu stehen, der größte Pfau in der Stadt zu sein und doch dabei irgendwie bodenständig rüber zu kommen, kocht „doch Mama für Dich und Mich in meinem Bungalow“. Zerrissen im Text, in der Struktur, einfach großartig! Leider gelingt ihnen dies nur stellenweise auf MAGIC LIFE. Vielleicht neben den oben angesprochenen Stücken am besten noch im dem Reggea/ Elektroclashstück „Baba“ und dem überkandidelten RnB Bomber „Sneaker4free“, das auch Justin Timberlake gut stehen würde. Allerdings bleiben dies wenige Höhepunkte in einem ansonsten gefällig dahin mäandrierenden Soundmash, aufgesext mit einigen Eighties-Zitaten. Aber Stücke wie „Baba Pt. 2“ oder „Magic Life“ entwickeln null Schwung. Ein wenig schade, andererseits liegt hinter der Band nicht nur SCHICK SCHOCK, sondern eine 12 jährige Bandgeschichte, in der MAGIC Life bereits das vierte Album ist. Vielleicht ist es etwas zu schnell dahin gehauen worden, vielleicht muss man sich einfach etwas konsolidieren. Wer Songs wie „Bungalow“ unter das Volk bringt, darf sich das jederzeit erlauben und auch mal lässig den Verkehr von der Motorhaube seines Sportwagens aus beobachten.
VÖ: 17.02.2017, Maschin Records, http://www.bilderbuch-musik.at/
Ohr d’Oeuvre: Bungalow / Baba/ I<3 Stress
Gesamteindruck: 6,5/10
Tracklist: Carpe Diem/ I<3 Stress/ Sweetlove/ Baba Pt. 2/ Bungalow/ Spri N‘ Soda/ Erzähl Deinen Mädchen Ich bin wieder da/ SUPERFUNKYPARTYTIME/ Investment 7/ Magic Life/ Baba/ Sneakers4free/ Babylon