Köln – Bayenthal, Kammermusiksaal des Deutschlandsfunks. Getäfelter Raum mit dunklem Holz, dazu Kondome in grüner Verpackung und Brausepulver im Foyer, bedruckt mit dem Motto „Liebe braucht eine Stunde“. Der Saal – bestuhlt – ist voll mit rund 250 glücklichen Gewinnerinnen und Gewinnern eines Online Gewinnspiels, um die Grazer von Granada und die Schweizer Durchstarter Faber live und in Farbe erleben zu dürfen. Dabei befinden sich die meisten der Anwesenden vor Beginn in angenehmer, unaufgeregter Sonntagabendstimmung. Den Anfang machen Granada und vertreiben mit einer Mischung aus Schmäh, Charme, Volkskundeunterricht und professioneller Darbietung jeden Anflug von Gemütlichkeit. Geboten werden nahezu alle Songs des 2016 erschienen, selbstbetitelten Debütalbums, wobei der Anfang von den eher dynamischen Stücken wie „Eh ok“ oder „Lieber gern als hier“ dominiert wird. Die Mischung aus Indiepop a al Vampire Weekend und Reggea führt dann bei den ersten Zuhörern zu spontanen Tanzaktionen. Auf der Bühne kristallisiert sich dabei eine klare Arbeitsteilung heraus. Sänger und Gitarrist Thomas Petritsch ist der Entertainer mit Jungencharme, dessen Lächeln und Ansagen alleine reichen, um den weiblichen Teil des Publikums in Verzückungsorgien zu versetzen. Dabei geht manchmal unter wie engagiert und weltentrückt er bei einigen Songs in die Ferne blickt. Scheinbar wohnen zwei Seelen in seiner Brust. Gitarrist Lukacz Custos macht dagegen den kopflastigen, leicht umständlich wirkenden Sidekick, der zu einigen Songs die Hintergründe erläutert. Beziehen sich doch Lieder wie „Tauben im Glas“ oder „Ottkring“ auf landestypische Eigenheiten, die dem Durchschnittspiefke nicht immer bekannt sind. Dass beispielsweise Tauben im Glas eine Spezialität in Österreich sind, ist so nicht bekannt und als Metapher in einem Liebeslied eher gewöhnungsbedürftig. Das eigentliche Nebengravitationszentrum ist aber Akkordeon- und Pianospieler Alexander Christof, der durch seine Instrumentierung einen gewissen Balkancharme in die Songs bringt und musikalisch sicherlich für das Alleinstellungsmerkmal der Band sorgt. Nach rund 60 Minuten endet der Auftritt viel umjubelt. Sänger Petritsch und Akkordeonspieler Christof kehren dann zu einer A Capella Version mit Akkordeonbegleitung von „Wien Wort auf Dich“ zurück, einem deutschsprachigen Covers des Billy Joel Songs „Vienna“. Petritsch singt es ohne Mikro, was alleine schon für eine leichte Gänsehaut sorgt.
Nach viertelstündiger Umbaupause betritt das Trio von Faber die Bühne. Vom ersten Song an wird klar, dass die kommende Stunde eine verrückte und zugleich hoch musikalische Reise in Beziehungs -, Lust – und Gesellschaftsabgründe wird, die der Züricher in einer Mischung aus Schlitzohrcharme und zynischer Gelassenheit dem Publikum näher bringt. Seine beiden Begleiter – stilecht in Jogginghose gekleidet – spielen mehrere Instrumente, teilweise wechselnd, teilweise gleichzeitig. Die Kombination Posaune und Schlagzeug sieht man eher seltener. Dabei ist faszinierend, dass die drei den dichten Sound der Platten recht gut wiedergeben. Gerade die Posaune bildet neben dem Bass den Takt-, Dynamik- und Atmosphärengeber. Mit einem langezogenen Beginn, der aus Cello- und Posaunenspiel besteht steigt der Sänger mit „Bleib Dir nicht treu“ ein. Von den ersten Tönen überrascht wieder einmal, dass diese tiefe Stimme so gar nicht zu dem verschmitzten, jugendhaften Sänger passen will. Trotzdem überzeugt er durch seine kauzigen Ansagen und verleitet das Publikum zu Lachstürmen. „Nach unserem besten Lied, folgt nun das schlechteste. Wir haben das aber auch ans Radio geschickt, ich denke das wird gut laufen“ – ist da so ein Beispiel. Überzeugend ist auch die neue Single „Sei ein Faber im Wind“. Irgendwann outet sich Faber, dass die heutige, noch tiefere Tiefe seiner Stimme an einer Erkältung liegt und nicht wie die Moderatorin zuvor vermutet „tausenden Zigaretten geschuldet ist“. Doch statt in Traurigkeit zu verfallen, versuchen die drei mit Hilfe des Publikums trotz der Widrigkeiten das beste aus dem Auftritt zu machen. Fortan versuchen sie die Lieder langsamer zu spielen, um eben jene Stimme zu schonen. Dies ist etwas schade, verlieren bekanntere Songs wie „Es wird ganz groß“ oder „Züri“doch ein wenig von ihrem Schwung. Das der Auftritt trotzdem ein voller Erfolg wird, liegt neben dem Charme des Sängers, vor allem an den beiden zwei kongenialen Begleitern, die einen weiten Raum für instrumentale Ausflüge erhalten, die komischerweise aber gut zu den auf Platte eher kompakt – komponierten Songs passen. Deutlich wird, dass es sich um Überzeugungstäter handelt. Nach rund 50 Minuten ist Schluß. Auf Wunsch des Publikums wird wird noch der Hit „Alles Gute“ intoniert. Obwohl die Stimme bei Faber weg ist, fordert er einfach das Publikum auf zu singen, was dieses mit Hilfe des Bassisten auch gerne macht. Ein interaktiver Abschluss eines denkwürdigen Auftrittes.