Slow Dancer – In a mood
Mit seiner zweiten Platte IN A MOOD eröffnet der Australier Simon Okely aka Slow Dancer den sommerlichen Klammertanz. Eine Platte für alle Freunde der gepflegten Melancholie, zu der man sich trotzdem bewegen will.
Die Barry White Fraktion in der Redaktion war schon ein wenig wuschig wegen des bevorstehenden neuen Ouputs IN A MOOD von Slow Dancer. Dahinter verbirgt sich der Australier Simon Okely, der zwar keinen weißen Anzug trägt wie der alte Herzensbrecher White, aber mit seiner Stimme ähnliche Ohnmachtsanfälle bei Anwesenden hervorrufen dürfte wie der Großmeister des unpeinlichen Kitschs himself. Butterweich sind die Melodien, welche sanft die Selbstanklage und die Selbstzweifel des Musikers untermalen und zugleich dem Hörer soviel Honig um den Bart schmieren, dass dieser jegliche Selbstzweifel hinter sich lassen wird. Slow Dancer spielt einen nostalgische Rhythm and Blues, der schwer patinaüberzogen an die 60ties und 70ties, an Stax und Otis Redding erinnert und zugleich eine sympathische Introvertiertheit und Einfachheit mit sich bringt, die an The Whitest Boy Alive erinnern. Songs wie „It goes on“, „Bitter“ oder „Heaven knows“ funktionieren wie bei dem Großmeister aus Norwegen. Der Bass gibt die Dynamik und die Melodienlinien vor, bringt den Hörer zum schwofen, gleichzeitig wird dieser von einer sommerlichen Melancholie, die nicht wehtut, aber berührt in seinen Bann gezogen. Man kann sich dem nicht entziehen, vielleicht lediglich, wenn man den Cubra Libre vor der Palmenfototapete nachfüllt. Klingt Kitschig? Ist es auch ein bisschen – aber einfach gut gemacht. Zum Bass gesellen sich eingestreute Pianomelodien wie im Opener „In the Water“ oder hier und da ein paar zurückhaltende Streicher, wobei Okely sich nie der Versuchung hingibt zu viel Pathos in die Songs zu gießen, sondern immer nur andeutet, dass da noch viel mehr kommen könnte. Dieser Zurückhaltung liegt wohl darin begründet, dass es sich trotz allen Schwofens doch um eine relativ introvertierte Sache handelt. Er selber versteht die Platte als Hommage an die Kindheit und die lange Reisen im Auto seiner Eltern. Diese Erinnerung holten ihn nachts ein und legten den Grundstein für IN A MOOD. Natürlich muss man einwenden, dass das dann alles ein wenig sanft geraten ist, liegen die Reize der Platte jenseits der melancholischen Grundstimmung doch in den Details der Songs und nicht in offensiven Lärmausbrüchen oder lautmalerischen Hooklines, doch sie funktioniert in ihrer Gesamtheit einfach
Im Gegensatz zu seinem Debüt SURRENDER von 2014 nimmt der Bass und der Rhythmus eine noch bestimmendere Position ein. Zugleich wurde die Gitarre , die sich auf der alten Platte noch ab und zu in prägnanten Melodiesoli ausleben durfte zugunsten des Piano und der Orgel in den Hintergrund gedrängt, als wolle Slow Dancer den trägen Sommernachtstanz nicht mehr durch einschneidende Melodien unterbrechen, sondern den Hörer ganz in seiner Melancholie versinken lassen wie die untergehende Sommer im pazifischen Ozean….Ach und so könnte es auf ewig weitergehen oder man gibt sich einfach den tief entspannten Tönen des Titeltracks „In a Mood“ hin.
VÖ: 09.06.2017, ATO Records / Pias, https://www.facebook.com/SlowDancerBand/
Ohr d’Oeuvre: Bitter/ It goes on/ Heaven knows
Gesamteindruck: 7,0/10
Tracklist: In the water / Bitter/ Don’t believe/ I would/ I’m done waiting/ It goes on/ Heaven knows/ I was often/ In a mood/ I’ve been thinking
(pd)
alt-J – Relaxer
Seitdem die Band aus Leeds in der Musikszene in Erscheinung getreten ist, sorgt sie bei musikafinen Menschen für Begeisterung, Zungenschnalzen aber auch Verwunderung. Sie haben es mit ihrer konsequent geplanten Musik geschafft einen Stil zu entwickeln, der einerseits diesen unverkennbaren Sound und andererseits ein sehr unnachahmliches Songwriting verkörpert. Ihr Erstling AN AWESOME WAVE gehört zu den Klassikern der Indie-Szene. Mit THIS IST ALL YOURS bestätigten sie die hoch gesteckten Erwartungen des Erstlings. Mit der Ankündigung von RELAXER stellt sich die Frage, ob sie diesen Weg beibehalten bzw. wohin ihr Weg führt.
Diese Frage kann auch nach mehrmaligem Hören der Scheibe nicht abschließend beantwortet werden. Ohne Zweifel ist REALXER ein alt-J Album. Das Songwriting, die Arrangements und der Klang, den sie kreieren, ist uneingeschränkt als der ihrige zu erkennen. Der Gesang von Joe Newman in Verbindung mit seinem Gitarrenspiel, die facettenreichen Sounds, die Gus Unger aus den Tasteninstrumenten herauszaubert, und das straighte, punktgenaue Schlagzeugspiel von Thom Green bilden den Rahmen für ihre schwerlich vergleichbaren Klangwelten. Im Gegensatz zu den beiden ersten Alben verlieren die Songs auf RELAXER ein wenig ihrer Leichtigkeit. Sie wirken sehr stark – an einigen Stellen zu stark – konstruiert und es geht ihnen das charmant fluffig Verschrobene ab. Durch diese Eigenheit und der daraus resultierende Eingängigkeit verfangen sich die alten Songs trotz allen musikalischen Anspruchs und der Perfektion im Ohr des Hörers.
Die Songs der beiden ersten Alben entwickeln trotz des musikalischen Anspruchs einen Hitcharakter. Das lassen die Songs auf REALXER zum größten Teil vermissen. Alt-J gelingt es nicht ihr Talent zu einem gewohnt klaren, eingängigen Songwriting umzusetzen. Vielmehr entwickeln die Songs für sich eine eigene Dynamik, in der Summe auf dem Album scheint jedoch etwas zu fehlen. Neben dem Flow scheint bei den Songs des Albums zu sehr das Reißbrett im Fokus gestanden zu haben. Es vermittelt den Eindruck, dass die Band ihr Songwriting auf einer Metaebene umsetzt und damit zeigen will, zu welchen Kreationen sie in der Lage ist. Dadurch wird der Zugang zum Album erschwert. „In Cold Blood“ ist ein wunderbarer Popsong, der durch seinen kruden, nerdigen Refrain, den Text und die Songstruktur brilliert. Mit „Hit me like that snare“ hauen alt-J einen Hit raus, der den Vergleich mit „Breeezeblocks“ locker Stand hält und darüber hinaus offenbart, welche Perlen alt-J zu schreiben in der Lage sind.
Unter dieser Prämisse lässt sich auch das Fazit von RELAXER anführen. Es ist bekannt, was alt-J können und sie durch die beiden ersten Alben gezeigt haben. Ebenso bleibt abschließend abzuwarten, was die Zukunft bringen wird. Das vorliegende Album nährt den Verdacht, dass das Potential der Band vielleicht doch nicht so groß ist, wie zu Beginn angenommen. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Verdacht bald widerlegt wird.
VÖ: 02. Juni 2017, Infectious Records, https://www.altjband.com/
Ohr d’Oeuvre: In Cold Blood/ Hit me like that snare/ Deadcrush
Gesamteindruck: 6/10
Tracklist: 3WW/ In Cold Blood/ House of the rising sun/ Hit me like that snare/ Deadcrush/ Adeline/ Last Year/ Pleader
(kof)