Port Rois – Atomic Pieces
Lakonisch in der Einfachheit der Dinge sein Glück finden oder einfach „Mach Dein Ding“! Mit ATOMIC PIECES legen Port Rois ein ebenso charmantes wie eigenwilliges Debüt vor.
Manchmal entfaltet Indierock seine ganze Schönheit durch die Einfachheit, die ihm inne wohnt. Beim Köln-Düsseldorfer Trio Port Rois sind dies die klassischen Bestandteile Gitarre, Bass und Schlagzeug, welche die Drei trotz des Titels nicht in atomare Kleinstteilchen zerlegen, sondern sie harmonisch verweben zu einem eigenwilligen Sound, der sich zwischen der Verschrobenheit der Pixies („Giants“) und dem ungeschliffenen Indiepunkrock von Bands wie den Thermals bewegt. Dabei nehmen die Songs auf ATOMIC PIECES ihre Dynamik nicht aus schlagzeilenartigen Refrains oder breitbeinigen Gitarrenwänden, sondern aus durchdachten Songstrukturen wie in dem slackerhaften Titeltrack „Atomic Pieces“ oder dem wavigen „On the Inside“, was unangekündigt mit einem wunderschönen Refrain um die Ecke kommt. Meist türmen sich Minute um Minute, Melodie und Melodie aufeinander, um meist die richtige Abfahrt zum Songclimax nehmen.
Dabei haben die Songs etwas seltsam nostalgisches durch den lakonischen Gesang, durch die Produktion, in der man angenehm jedes Instrument heraushört, aber eben vor allem durch den Mut gewohnte Songstrukturen durch Lärmpassagen und Brüche zu atomisieren und zu verfremden und durch den Mut in Teilen das Triokonzept aufzubrechen. Sei es durch die Orgeln in „Haven“ oder das Saxophon in „Blood Brothers“. Das erinnert noch stark an die Zeit, wo Bands weniger nach links und rechts geschaut haben und stattdessen ihr Ding gemacht, ihren Sound entwickelt haben ohne große Kompromisse einzugehen. Ein wenig kann man Port Rois vielleicht mit einer Band wie Heim vergleichen, die auch ihre Wurzeln im Indierock der frühen 1990er haben, dazu aber genug eigene Würze geben, um nicht rückwärtsgewandt zu wirken. So ist ATOMIC PIECES ein charmantes Debütalbum, das ohne Anbiederei beim Hörer auskommt.
VÖ: 20. Oktober 2017, Verlag von Wegen, http://verlagvonwegen.de/
Ohr d’Oeuvre: Retrospect/ Atomic Pieces / On the inside
Gesamteindruck: 8,0/10
Tracklist: Parallel lines/ Ways/ YSM/ Fading/ Blood Brothers/ Haven/ Retrospect/ Giants/ Atomic Pieces/ On the inside/ Levitate
(pd)
Forkupines – Here, Away From
Skotty, Jens und Christian aus Braunschweig machen seit etwas mehr als vier Jahren gemeinsam Musik. Bisher sind zwei EP’s entstanden. Jetzt folgt endlich ihr Debütalbum HERE, AWAY FROM. Ihre Musik definieren die drei Braunschweiger selbst als „Alternative-Post-Punk-Emo-Pop-Hardcore“. Und mit einer kürzeren Beschreibung würde man ihrem musikalischen Facettenreichtum wohl auch kaum gerecht werden können.
Deutschland hat im Moment musikalisch verdammt viel Gutes zu bieten – zumindest dann, wenn man das Radio ausschaltet. Heisskalt, FJORT, the Deadnotes und Smile & Burn zum Beispiel. Mit ihrem Debütalbum HERE, AWAY FROM reihen sich die Forkupines ebenfalls in diese Liste ein.
HERE, AWAY FROM beginnt mit dem druckvollen Opener „A Perfect Match“, der mit grossartigen bass-lastigen Strophen schon die richtige Stimmung setzt, und Lust auf mehr macht. Viele Bass-Riffs und ein stark Bass-getragener Rhythmus sind auf der gesamten Platte zu hören. Weiter geht es mit „Crows“, dessen Drum-Intro stark an Billy Talent’s „Red Flag“ erinnert. Nach zwei eher Bass- und Drumlastigen Intros steigt der dritte Track des Albums, „Put me Through“ mit einem dynamischen Gitarren-Solo ein. Dynamisch geht der Track auch weiter: Leisere Strophen wechseln sich ab mit einem lauten, roughen Chorus und einer zum Teil gescreamten Bridge. All das verleiht dem Song insgesamt viel Spannung. In einigen Songs, wie beispielsweise „Everything I’ve Become“ sind die Hardcore-Einflüsse der Band ebenfalls deutlich zu hören. Doch es finden sich auch ruhigere Songs auf dem Album. Hierzu zählt unter anderem „One by One“. Es ist gerade der Facettenreichtum, der den Sound des Trios so spannend macht. Anstatt sich auf nur ein Genre einzufahren, kombinieren die drei Jungs aus Braunschweig verschiedene musikalische Einflüsse und können so etwas Eigenes erschaffen. Es finden sich genug Beispiele für jeden Aspekt der von der Band selbstgewählten Genre-Beschreibung „Alternative-Post-Punk-Emo-Pop-Hardcore“ um diese für passend zu befinden.
Nicht nur musikalisch, sondern vor allem auch textlich ist dem Album deutlich anzumerken, dass die Songs alle innerhalb der selben Schaffensphase entstanden sind. Die Texte beschreiben den Verarbeitungsprozess einer zerbrochenen Beziehung: „I love you so, for what I can’t remember“ (Paper Towns). Auf politische Stellungsnahmen oder andere gesellschaftliche Themen verzichten die Forkupines auf ihrem Debüt also völlig.
Alles in allem beeindruckt dieses Debütalbum vor allem durch den sehr ausgereiften, „eigenen“ Sound der Band. Die vier Jahre gemeinsame Spielerfahrung machen sich eindeutig bemerkbar und verhelfen dem Sound der noch jungen Band bereits zu einem charakteristischen Profil. Von mir gibt es für das starke Debüt der Forkupines definitiv eine klare Kaufempfehlung!
VÖ: 29. September 2017, Midsummer Records, http://www.forkupines.de
Ohr d’Oeuvre: A Perfect Match/ One by One/ By The Sea
Gesamteindruck: 8,0/10
Tracklist: A Perfect Match/ Crows/ Put Me Through/ The Good Fight/ Everything I’ve Become/ One by One/ By the Sea/ Crosses, Gates and Debt/ Wishful Drinking/ Paper Towns/ Stay the Night
(rl)