Various Artists– Keine Bewegung 2
Diente der erste Teil der Sampler Reihe KEINE BEWEGUNG bereits als Schaufenster für den gitarrenorientierten Underground, führt der zweite Teil dieses Konzept fort. Auf charmante Weise mischt er bereits bekanntere mit unbekannteren Bands und gibt eine spannende Momentaufnahme der heimischen Indiesezne.
Kann man den deutschen Underground – sofern man heute noch von Underground sprechen kann – vermessen? Wohl kaum, ist er doch über das ganze Land gesehen, viel zu bunt und vielschichtig. Allerdings gab es ein paar Bands in den letzten Jahren, die für Blätterrauschen sorgten und auf die sich eine ganze Menge an Leuten einigen konnte. Künstler wie Schnipo Schranke, Drangsal oder Isolation Berlin, die es innerhalb kürzester Zeit schafften, mit ihre Konzerten von kleinen, über mittlere bis in relativ große Locations vorzudringen und dabei eine gewisse popkulturelle Relevanz zu entwickeln, wie man sie für solch individuelle und eigenständige Musik eher nicht erwarten durfte. Also scheint eine gewisse Lust auf Neues zu herrschen, die sich auch an einem gesteigerten Interesse an relativ sperrigen Newcomeracts wie Friends of Gas, Der Ringer, Gurr oder Levin goes Lightly äußerte, deren Namen man auf jeden Fall kennen sollte, wenn man beim nächsten musikalischen Nerdgespräch mithalten will. All diese Bands plus eine ganze Menge weiterer, interessanter Acts finden sich auf dem Sampler KEINE BEWEGUNG 2 wieder, dessen Vorgänger aus dem Jahr 2014, die damals noch unbekannten Schnipo Schranke erstmalig in ein größeres Rampenlicht hievte. Lässt sich eine Gemeinsamkeit im Sound finden zwischen all diese Acts? Vielleicht am ehesten die, dass alle sehr eigen sind und zugleich doch fast jeder Beitrag den Hörer auf seine eigene Art und Weise sofort mitnimmt. Sei es Levin goes Lightly mit seinem elektronisch, lazsiven „Nightclubbing“, Lampe mit seinem sympathischen Slackerfolk oder Isolation Berlin mit ihrer deutschsprachigen Version von Pulps „Common People“. Fast alle Songs, sind bisher unveröffentlicht, weshalb sich ein reinhören auf jeden Fall lohnt, für Leute, die jetzt müde und milde lächeln, weil sie jeden Namen schon kennen und für solche, die sich einen Überblick über den „urbanen“ Underground, wie das Label Staatsakt schreibt, machen wollen. Man sollte vielleicht nicht schreiben repräsentativ, da sich beispielsweise kein Hip-Hip Act unter den Beiträgen befindet, viel mehr verbindet alle Acts – neben ihrer Individualität – ein gewisser Hang zum Post Punk, Wave und Indierock der 1980er. Aber wie gesagt, vielschichtig, individuell, hörenswert.
VÖ: 03.November 2017, Staatsakt
Ohr d’Oeuvre: Hall&Rauch Pfandflasche/ Lampe Morgen fang ich an/ The Düsseldorf Düsterboys Teneriffa
Gesamteindruck: Keine Wertung
Tracklist: Das Paradies Goldene Zukunft/ Gurr Atemlos/ Trucks BFeld/ Hall&Rauch Pfandflasche/ Levin goes lightly Nightclubbing/ IlgenNur Cool/ Kala Brisella Endlich Krank/ Drangsal Heultage/ International Music Mama, warum?/ Der Ringer Futura/ Lampe Morgen fang ich an/ Mile Me Deaf Alien Age/ Friends of Gas Seltsam schön/ Pötsch & Munk UFO/ Der Bürgermeister der Nacht Gläser, Kultur und/ Psychosen/ Erregung Öffentlicher Erregung Cocktails & Dreams/ Albrecht Schrader Ode an die Öde/ The Düsseldorf Düsterboys Teneriffa/ Isolation Berlin Gewöhnliche Leute/ Candelilla 39/ Odd Couple Haste Strom, Haste Licht/ Schnipo Schranke Wenn der Vorhang aufgeht
(pd)
The Dayoffs – The Dayoffs
Dass die Ostküste derzeit ein Epizentrum des wiederentdeckten Shoegaze und klassischen Britpops ist, beweist einmal mehr das russisch-japanische Duo The Daysoff aus New York mit ihrem selbstbetiteltem Debüt.
Vladimir Komarov und Atsuo Matsumoto, die sich beide schon einen Namen als Produzenten in ihrer Heimat gemacht hatten, kannten sich aus dem Studio, als nach dem Besuch eines Teennage Fan Club Konzertes beschlossen wurde, gemeinsam eine Platte in diesem Soundgewand aufzunehmen, schwelgerisch, poppig, laut und vor allem mit einem unvorhersehbaren, spontanen Element. Drei Jahre nach dem Konzert liegt THE DAYSOFF vor und die Platte dürfte das Herz aller Fans flächiger Gitarrenwände und genialer, aber dahingeschmissener Melodien voll auf seiner Seite haben. Ein nostalgischer Trip in den frühen Sound des Fan Clubs („15“, „Two Actors in a Cage“), von Primal Scream („I can’t believe I am dead“) bis hin zu einer Hommage an – möchte man meinen – Oasis („Nobody knows her“). Das man nicht müde abwinkt, liegt neben der klaren Produktion, vor allem an dieser Sehnsucht, welche Songs wie „Love Love Love“ oder „Next to Nothing“ verabreichen, der sich aber nicht aus dem Norden Englands speist, sondern immer einen Bezug nimmt zum Big Apple („State of Madness“). Dies macht THE DAYOFFS vielleicht zu der etwas besseren Ride Platte in diesem Jahr und sollte direkt neben der diesjährigen Beach Fossils Platte eingeordnet werden, die einen ähnlich, schwelgerischen Sound vorweist.
VÖ: 10.November 2017, Emerald & Doreen Recordings, https://www.facebook.com/The-Dayoffs-707158302724188/
Ohr d’Oeuvre: LoveLoveLove/ Two Actors in a Cage/ Next to Nothing
Gesamteindruck: 7,5/10
Tracklist: 15/ Love Love Love/ Bottled Rainwater/ I Can’t believe I’m dead/ Nobody knows her/ Two Actors in a Cage/ A million days/ Next to Nothing / Illusion/ State of Madness/ Eleven