Das muss man sich mal vorstellen: sechs Wochen auf Tour durch die USA, um direkt im Anschluß vier weitere Wochen quer durch Europa zu touren. Köln war die vorletzte Etappe der Alternative-Metal Band Nothing More auf diesem zehnwöchigen Marathon. Von Müdigkeit war an diesem verregneten Mittwochabend im Kölner Luxor dennoch keine Spur zu merken. Stattdessen: eine unglaubliche Leidenschaft für den Rock’n’Roll, die den gesamten, bis zur letzten Ecke vollgestopften Club zum Beben und Schwitzen brachte.
Ihr im September diesen Jahres erschienenes Album THE STORIES WE TELL OURSELVES haben Nothing More live aufgenommen. So auf den Punkt und so sehr aufeinander abgestimmt, wie die vier Texaner spielen, dürften die Aufnahmen wohl kein Problem für sie gewesen sein. Vormals Drummer, mittlerweile jedoch Lead-Sänger Jonnie Hawkins, Gitarrist Mark Vollelunga und Bassist Daniel Oliver gründeten die Band 2003. Sie kannten sich von der High School und hatten dort gerade ihren Abschluss gemacht. Diese mittlerweile 14 gemeinsamen Jahre Bandgeschichte sind deutlich spürbar. Zwischen den drei herrscht eine wahnsinnig beeindruckende Dynamik. Während der Show in Köln spielen sie sogar ein Gitarrensolo zu dritt auf einer einzigen Gitarre – und verspielen sich dabei nicht ein Mal.
Man merkt schon: Nothing More sind keine dieser „puristischen“ Bands, die auf jede Showeinlage verzichten, um die Musik voll und ganz in den Mittelpunkt zu stellen. So tritt Hawkins mit nacktem Oberkörper auf. Vielleicht ist das aber auch einfach nur so seine Gewohnheit aus seinen früheren Schlagzeuger-Tagen. Außerdem kommen diverse merkwürdige Gitarren- und Mikrofonkonstruktionen zum Einsatz, die mehr an Waffen aus Star Wars erinnern als an Musikinstrumente, an denen dann heftige Posen gezeigt werden können. Da ich mehr dem „puristischen“ Lager angehöre, lassen mich diese Aspekte der Show relativ kalt. Stören tun sie aber auch nicht, immerhin ist es ziemlich gut inszeniert.
Vor dem letzten Song „Burn the Witch“ stellt Jonny Hawkins klar, dass sie keine Band für Zugaben sind, denn „encores are fake“. Hier sammelt die Band dann doch wieder einige Sympathiepunkte bei mir. Die Fans, von denen ca der halbe Club die Band schon zum zweiten Mal gesehen hat, werden aber nicht ohne gute Nachrichten nach draußen in den strömenden Regen entlassen. Hawkins verrät, dass sie gerade dabei sind, eine weitere Europa-Tour im Sommer 2018 zu booken. Na dann, we’ll see you in the summer – und das mit Sicherheit!