In der Schlange vor dem neuen Club Bumann und Sohn, stehen zeitweise gefühlt mehr Menschen, als sich zum gleichen Zeitpunkt innen – im bereits gut ein Drittel gefüllten Laden aufhalten. Das war jetzt etwas für Mathematiker. Der Türsteher macht einen sehr gründlichen Job. Das Konzert von DIE HEITERKEIT beginnt ca. 45 Minuten später als geplant, was dann aber tatsächlich weniger mit vermeintlichen Starallüren, sondern mit Rücksicht auf die noch draußen auf Einlass wartenden Zuschauer zu tun hat.
Das Konzert startet mit dem Opener vom aktuellen Album „Pop & Tod I & II“. Und ja, Stella Sommer, singt tatsächlich genauso beeindruckend wie auf den Platten. In den nächsten 70 Minuten spielt man hauptsächlich Material der aktuellen Platte, oder Titel aus den ersten beiden Alben, die ebenfalls zu den neuen Liedern der schwarzen Romantik passen. Das Ganze wird völlig humorfrei dargeboten und wirkt nach einiger Zeit ziemlich ermüdend. Bereits beim ersten Stück „Die Kälte“ muss ich seltsamerweise an ein Stück („Bütz mich“) der Kölner Karnevalsveteranen Bläck Fööss denken, dass sie vor vielen Jahren, als sie noch mit Tommy Engel unterwegs waren, inspiriert durch die Zusammenarbeit mit der südafrikanischen A-cappella-Gruppe Ladysmith Black Mambazo, veröffentlichten. Wahrscheinlich ein sehr alberner Gedanke. Aber bei der Darbietung am heutigen Abend, eine Zuflucht, die den Vortrag dieser Trauermusik ertragbar macht. Die heulende Orgel und die ernsten, kokskühlen Gesichter, die tiefe Stimme (und nochmal: ja, die Stimme die an Nico erinnert), machen aus DIE HEITERKEIT noch lange keine VELVET UNDERGROUND Epigonen. Dafür sind sie musikalisch viel zu simpel. Immerhin kann ich aus Langeweile viel nachdenken. Nicht nur an die Bläck Fööss. Auch an Almut Klotz und Reverend Christian Dabeler und das Buch FOTZENFENDERSCHWEINE – und den darin beschriebenen Dilettantismus in der deutschen Indieszene. Aber vielleicht machen sie ja noch einen erlösenden Scherz oder erzählen eine sympathische Anekdote, eine bizarre Geschichte, wagen einen musikalischen Ausbruch.
Hinzu kommt, dass der Tonmix des heutigen Abends überhaupt nicht zum dargebotenen Material passt. Wieder ein Act, der eigentlich auf den Studioplatten zart instrumentiertes Material hat und live viel zu laut spielt. Würde man auf einer Festivalbühne auftreten, könnte man nachvollziehen, weshalb das Schlagzeug laut in den Vordergrund gemischt wird. Aber in einem kleinen Club? Das von Moses Schneider produzierte Album, stellt die Rhythmus- und Bassgitarre, neben Gesang und Orgel in den Vordergrund. Das würde am heutigen Abend schon aus rein pragmatischen Gründen Sinn machen. Denn während Gesang, Bassgitarre und Rhythmusgitarre ziemlich gut sind, verdirbt das Schlagzeugspiel nahezu jeden Song. Wenn nur der Grundrhythmus gehalten wird, geht es einigermaßen klar. Doch nahezu jedes Fill kommt zu spät. Von absichtlich verschlepptem Beat kann keine Rede sein. Während ein Charlie Watts bei seinen Grooves absichtlich „gerade schlampig genug spielt, damit sein eigener Sound vollkommen mit den schmutzigen Gitarrenklängen verschmilzt“, wie Bandkollege Keith Richards treffend analysiert, kann es bei Philipp Wulf eigentlich nur mit mangelnder Spielpraxis zu erklären sein. Oder Desinteresse.
Jedenfalls gibt es keinen erlösenden Scherz, keine sympathische Anekdote, außer irgendetwas über den Teppich auf der Bühne, über den man immer stolpern würde. Auch kein Lied wie „Für den nächstbesten Dandy“ aus Album Nummer 1. Die Band und ihre Performance sind so cool und aufregend wie schwarze Textilien, ein Instagram-Account von einem (oder einer) dieser Fitness-Travel-Food Influencer, wie Chelsea Boots oder wie ein Acne Studios Beanie.