City Light Thief – Nothing is Simple
Mathcore, Post Hardcore oder Post Punk. Alle diese Genres erfreuen sich momentan größter Beliebtheit. Kapellen wie die Tiny Moving Parts, Fjørt oder auch immer noch La Dispute, deren kommendes Köln Konzert in Minuten ausverkauft war, sind erfolgreicher denn je und der geneigte Hörer blickt erwartungsvoll über den großen Teich, um als Erster das nächste große Ding in die Szene hinaushypen zu können. STOP! Hört auf irgendwo in weiter Ferne zu suchen, denn „das Gute liegt so nah“! Zugegeben, Bands aus hiesigen Gefilden taugen in der „Szene“ oftmals nicht als Hype, schon gar nicht, wenn es keine Newcomer sind, sondern gestandene Kapellen, die im Falle von City Light Thief aus (Achtung) Grevenbroich, bereits 15 Jahre (vorher als Whisk?!) auf dem sprichwörtlichen Buckel haben und zwei großartige Alben, sowie eine Handvoll EP’s vorweisen können.
Spätestens mit ihrem neuen Longplayer NOTHING IS SIMPLE, sollte jeder noch so verbohrte Szenejünger jedoch über seinen Schatten springen und zugeben, dass wir es hier mit einem kleinen Genre Meisterwerk zu tun haben, welches sich vor internationalen Kollegen keinstenfalls verstecken braucht. Klar ist das nicht neu und um einen Innovationspreis braucht sich mit dieser Art der Musik auch niemand bewerben, aber das kann auch nicht der Anspruch sein, da haben Lirr die Latte im letzten Jahr eh nahezu „unreissbar“ hoch gelegt. Vielmehr haben City Light Thief ihren Stil in den letzten Jahren perfektioniert. Sie waren immer versiert, enthusiastisch und vor allem live eine Dampframme, der man sich nicht entziehen konnte. Aber mit NOTHING IS SIMPLE haben sie in Sachen Songwriting, Produktion und Abwechslungsreichtum ihr Meisterstück abgeliefert. Die Produktion, für die sich Gitarrist und Pedal Bastler Tobias Schmidt verantwortlich zeichnet, ist an einigen Stellen weniger dick, dafür viel direkter als auf den Vorgänger Alben. An vielen Stellen halten poppige Elemente Einzug in das City Light Thief Universum, was den Gesang von Sänger und Shouter Benjamin Mirtschin ganz hervorragend unterstützt und der Platte eine Leichtigkeit verleiht, die gerade den eingangs genannten Genres oftmals völlig abgeht. Dabei ist diese Leichtigkeit nur vordergründig, steht jedoch stellvertretend für den Facettenreichtum des Albums. Schaut man sich die Texte auf NOTHING IS SIMPLE näher an, so ist das letzte an das man denke würde Leichtigkeit. Vielmehr befassen sich die Texte mit der Schwere, die unbestritten in die Gesellschaft Einzug gehalten hat und der oftmals mit völlig aberwitzigen Lösungen begegnet wird, die in ihrer Banalität und Eindimensionalität nicht im Ansatz der Komplexität der heutigen gesellschaftlichen und persönlichen Herausforderungen gerecht wird. Spielend schaffen City Light Thief es, diese inhaltliche Schwere durch die mitreißende musikalische Leichtigkeit aufzufangen. Vielleicht ist genau das die Lösung, um dieser Schwere, die unbestritten auf der Gesellschaft liegt entgegenzuwirken, nämlich anstelle von banalen Lösungsansätzen einfach wieder eine gewisse Leichtigkeit in die Gesellschaft, in den Umgang miteinander zu bringen. Stellvertretend hierfür sei das Break bei 2:08 Min im Song „Death Trip“ genannt, welches unterlegt wird mit der Textzeile „I came back to life, i had survived, survived another Deathtrip“. Bei allen Problemen zurück ins Leben, zurück auf den richtigen Weg finden. Mit dieser Platte macht dieser oft schwierige Weg tatsächlich Spaß.
VÖ: 30.April 2018, Midsummer Records, https://www.facebook.com/citylightthief/
Ohr d’Oeuvre: To Hysteria:/ Death Trip/ Fatigue/ Somersault/ Infinity Loop/ Say Yes To Everything/ No One, Nowhere/ Trickster/ Communion/ Body Horror/ Torch Song
Tracklist: To Hysteria:/ Death Trip/ Fatigue/ Somersault/ Infinity Loop/ Say Yes To Everything/ No One, Nowhere/ Trickster/ Communion/ Body Horror/ Torch Song
Gesamteindruck: 9/10
Various Artists – Too Slow to Disco Brasil Compiled by Ed Motta
Der „Too slow to disco“ – Macher Marcus Liesenfeld hat für die brasilianische Variante seiner Koks- bzw. Yachtrockreihe den legendären Ed Motta als Kurator gewinnen können. Ed ist larger than life – im wahrsten Sinne des Wortes. Der Neffe des bekannten brasilianischen Sängers Tim Maia gehört mittlerweile zu den großen Stars der brasilianischen Popmusik. Ende der 1980er Jahre tauchte Motta das erste Mal als Sänger, Songwriter und Produzent der Band CONEXÃO JAPERI in der brasilianischen Musikszene auf. Einige Songs, die auf dem Sampler vertreten sind, stammen von privat gepressten Alben, die nicht einmal auf Discogs gelistet sind! Darüber hinaus gibt es Hits brasilianischer Musikhelden wie Rita Lee (die Teil der legendären OS MUTANTES war), Cassiano (einer der Gründer von BOSSA TRIO und OS DIAGONAIS) und ROUPA NOVA, auch „TOTO Brasiliens“ genannt. Diese Ausgabe der Reihe – da muss man den Machern wirklich gratulieren – ist die bis dato aufregendste geworden. Schönere Sommermusik wird man momentan nicht finden können.
VÖ: 04.05.2018, How do you are?, http://tooslowtodisco.com
Ohr de Ouevre: Guarde Minha Voz/ Déborah
Wertung: 9/10
Tracklist:
FILÓ MACHADO – Quero Pouco, Quero Muito/ SANDRA SÁ – Guarde Minha Voz/ ALTAY VELOSO – Débora/ JUNIOR MENDES – Copacabana Sadia/ DON BETO – Renascendo Em Mim/ LUCINHA TURNBULL – Toda/ Manhã Brilha O Sol/ GUILHERME ARANTES – Coisas Do Brasil/ CARLOS BIVAR – Maré OK/ BIAFRA – Leão Ferido/ SANTA CRUZ – Mais Uma Chance/ JANE DUBOC – Se Eu Te Pego De Jeito/ CASSIANO – Rio Best-Seller
CARLINHOS & SONINHA QUEIROZ – Pra Você/ GELSON OLIVEIRA & LUIZ EWERLING – Acordes E Sementes/ ZECA DO TROMBONE – Rota-Mar/ ROUPA NOVA – Clarear