Man könnte an dieser Stelle jetzt eine Schimpftirade los lassen. Sound erste halbe Stunde? So la, la. Stimme von Conrad Keely in der ersten halben Stunde? Mehr schief als recht. Könnte man machen oder man lässt einfach die letzten Bilder dieses Auftrittes auf sich wirken.
Keely mit seinem Mikro inmitten der Menge, ein nassgeschwitzter Mosh Pit, der teilweise die Bühne entert und dort einfach weitertanzt. So verlässt man das ausverkaufte Gebäude 9 mit einem breiten Grinsen. Die ersten 2/3 der 90 Minuten zuvor spielt die Band ihr richtungsweisendes Erfolgsalbum aus 2002 SOURCE TAGS & CODES. Sicherlich ist das widersprüchlich zu bewerten, seit vier Jahren kein neues Album, aber irgendwas muss man ja machen.
Glücklicherweise spielen solche Gedanken an diesem Abend keine Rolle, denn für nostalgische Träumereien bleibt keine Zeit. Ohne Pause, kaum unterbrochen von Ansagen, prügeln abwechselnd Kelly und das andere Gründungsmitglied Jason Reece ihre hochgepitchten Marschrhythmen erbarmungslos aus dem Schlagzeug raus und wechseln sich beim Gesang ab. Schon nach dem Opener „It was there that I saw you“ pogen die ersten Reihen, singt der halbe Saal an diversen Stellen mit, komplett beseelt. Da stört es auch nur wenig, dass Keely anfangs kaum einen Ton trifft. Die Qualität von Songs wie „Another Morning Stoner“ oder „Days of being wild“ spricht für sich. Im Anschluss spielen sie noch 4-5 all Time Trail Klassiker wie das mächtige „Will you smile again for me“. Insgesamt ein Happening, ganz ohne Schnörkel vor einem roten Samtvorhang, das einfach von der zeitlosen Klasse der Songs lebt. Den Auftakt haben Kol aus Münster gemacht, die allen Freunden von The XX oder Alt j ans Herz gelegt seien. Ein Trio mit charismatischen Gesang und einer anfangs seltsamen, dann immer mehr einnehmenden Mischung aus Synthie Beats und analogem Schlagzeug.
Foto: Dominic Röltgen