Quiet Slang – Everything Matter But No One is Listening
Ja, ist denn schon wieder Weihnachten? Zumindest könnte der Gedanken beim Durchhören der neuen Quiet Slang Platte EVERYTHING MATTER NO ONE IS LISTENING kommen. Dahinter verbirgt sich Beach Slang Kopf James Alex, der den Songs seiner Band mit Hilfe von Klavier und Cello einen neuen, sakral- feierlichen Anstrich gibt.
Ein wenig wie die Millionen Popkünstler, die aus kreativer Armut kurz vor dem heiligen Fest ein aufgewärmtes Potpourri ihrer größten Hits auf den Markt schmeissen. Den Vorwurf muss sich Alex eventuell gefallen lassen. Statt neues Material zu schreiben, den alten Stoff auszulutschen. Kann man denken, muss man aber nicht. Schon im Punkgewand haben Beach Slang Songs diese besonders dramatischen, theatralischen Momente der Verzweiflung und Betrunkenheit, die Alex durch die reduzierte, akustische Instrumentierung hier voll zur Geltung bringt. Allerdings ist diese hier nur Hintergrundbegleitung für seine Stimme, die sich in den 11 Lieder in einer Feierlichkeit austoben kann, die manchmal schmerzt, aber meist berührt. Kritisieren muss man allerdings, dass in einigen Covern die Idee nicht ganz zu Ende gedacht ist. Was von der Struktur her mit Schrammelgitarren und Drums funktioniert, funktioniert halt nicht mit einer wesentlich ruhigeren Instrumentierung. Da hätte man sich an einigen Stellen ein wenig mehr kreativen Input gewünscht. Egal, EVERYTHING MATTER NO ONE IS LISTENING sollte bis zur kommenden Flut an pathosverschwemmten Veröffentlichungen der ehrliche Soundtrack für die Momente sein, bei denen man kurz am Boden liegt, nur um sich dann mit der Träne im Knopfloch um so lauter dem Leben entgegen zu stellen.
VÖ: 18.Mai 2018, Big Scary Monster, https://beachslang.bandcamp.com/album/everything-matters-but-no-one-is-listening-quiet-slang
Ohr d’Oeuvre: Dirty Cigarettes/Noisy Heaven/ Too late too die young
Tracklist: Bad Art & Weirdo Ideas/Noisy Heaven/ Future Mixtapes For the Art Kids/ Filthy Luck/ Dirty Cigarettes/ Too late too die young/ Spin the Dial/Young Hearts/ Throwawavs
Gesamteindruck: 7.0/10
(pd)
CHVRCHES – Love Is Dead
Die Liebe soll tot sein? Der ehemals gute Synth-Indie-Sound von CHVRCHES ist es jedenfalls! Auf LOVE IS DEAD schlagen die Schotten den Weg ins Radiopop-Niemandsland ein.
Besonders komplex und gut sollte das Album nach den Aussagen der drei Schotten im Vorfeld der Veröffentlichung sein. Besser als das Debut aus 2013, THE BONES OF WHAT YOU BELIEVE, und EVERY OPEN EYE 2015. Tatsächlich jedoch verrennen sich die Drei aus Glasgow in einem überproduziertem Plastik-Pop, in dem lediglich die Texte sie um Millimeter von der Konservenmusik der Radioschlaffis á la David Guetta trennen.
Das Album startet ganz okay mit „Grafitti“, ein harmloser aber netter Indiepopsong, der an die alten Tage von THE BONES OF WHAT YOU BELIEVE erinnert. Ab „Get Out“ wird es allerdings schlimm. Der Song könnte so oder so ähnlich auch von Taylor Swift sein. In “Deliverance“ singt Frontfrau Lauren Mayberry „Is it deliver, -iver, -iverance“, klingt dabei aber wie „We are never, –ever, –ever, getting back together“ sodass „Swifties“ ihre helle Freude daran hätten. Matt Berninger von The National ist dann auf „My Enemy“ zu Gast. Der gekünstelte Bogen zurück in die Independant-Ecke mit Hilfe von Berningers markanter Stimme schlägt aber auch fehl. Iritierend sind auch immer wieder die vielen Whoooa-Parts z.B. in „Miracle“. „Heaven/Hell“ startet zunächst mit tollen Synthies, um spätestens beim Refrain in der Belanglosigkeit des Radiomainstreams zu sterben.
Ein Fokus lag bei LOVE IS DEAD nach Aussagen der Schotten auch auf den Texten, die gewollt Raum für Interpretationen geben sollen. Lauren Mayberry singt: „All you want is to play at playing god“ („Never Say Die“). Passt halt sowohl auf den (Ex-)Partner, als auch auf Trump. Die allgemeine politische Gemengelage wird in „Graves“ thematisiert: „They´re leaving bodies in stairwells and washing up the shores/ Do you really expect us to care what you´re waiting for/ When you´re high in your castle/ Keeping an eye on the door?“ Hier wird die toughe Frontfrau einigermaßen dem Ruf gerecht, den sie sich mit ihrem politischen Engagement und ihrer berechtigten Kritik am Sexismus der Musikbranche erworben hat.
Am Ende bleiben von LOVE IS DEAD leider trotzdem nur die Eindrücke eines seelenlos produzierten Popalbums und ein paar Taylor Swift Ohrwürmer.
VÖ: 25. Mai 2018, Vertigo Berlin, https://chvrch.es
Ohr d’Oeuvre: Grafitti/ Graves
Tracklist: Grafitti/ Get Out/ Delivarance/ My Enemy (feat. Matt Berninger)/ Forever/ Never Say Die/ Miracle/ Graves/ Heaven/Hell/ God´s Plan/ Really Gone/ ii/ Wonderland
Gesamteindruck: 3.0/10
(ml)