Nach seiner Premiere im vergangenen Jahr ging das Punkrock-Festival Rockaway Beach Open Air am 31. August schon in seine zweite Runde. Das Ganze findet weit abgelegen mitten im Saarland statt – dafür aber in der wunderschönen Kulisse des Stausees in Losheim am See. Hätte das Wetter mitgespielt und wäre der See nicht voller Blaualgen gewesen, hätte man zwischen den Shows sogar schwimmen gehen können. Allzu tragisch, dass das nicht möglich gewesen ist, ist es aber nicht. Denn auf zwei Bühnen – einer großen und einer kleinen – spielen abwechselnd Bands wie Kettcar, The Baboon Show, Adam Angst oder Fjørt.
Bereits zu Beginn können Die Schande Von, die die kleine Bühne eröffnen, begeistern. Was vielleicht kein großes Wunder ist – sind sie doch Saarlands höchsteigene Supergroup mit Mitgliedern von Parachutes, Crash My Deville, Road to Kansas und Baby Lou.
Weiter geht es auf der großen Bühne mit der Bonner Band Lygo und ihrem Mix aus cleverem Punk und düsterem Post-Hardcore. Das Trio hat dieses Jahr die schwedische Punkrock-Band The Baboon Show auf ihrer Deutschlandtour supportet – beim Rockaway gibt’s für die beiden Bands dann ein Wiedersehen. Wie man es nicht anders von den vier Schweden kennt, setzen sie mit ihrem dynamischen Punk und der unbändigen Energie von Frontfrau Cecilia als Headliner der kleinen Stage alles in Brand. Oder wie Cecilia es ausdrückt: “We know it’s cold Rockaway, but we wanna make you sweat!” Gesagt, getan.
Noch mehr Frauenpower gibt es schon früher am Nachmittag auf der Hauptbühne von dem Berliner Duo Gurr. Andreya Casablanca und Laura Lee – übrigens Künstlernamen, die beiden stammen gebürtig aus Nürnberg und Oldenburg – machen nicht nur superlässigen Garage Poprock, ihre Ansagen zwischen den Songs sind mindestens genauso lässig. Da fragen sie sich nämlich Dinge, wie, was wohl die gesundheitlichen Folgen sind, wenn man in einem mit Blaualgen-verseuchten See schwimmen geht – Magen-Darm?
Viel zu viele Festivals sind in diesem Sommer wieder mal durch die zum Teil völlige Abwesenheit von Musikerinnen auf den Bühnen aufgefallen. Oder aber dadurch, dass die Tatsache, wenn eine Band tatsächlich mal nicht nur aus Testosteronen bestand, durch diverse Moderatorinnen und Moderatoren erstmal wie eine Sensation hervorgehoben wurde. Schön, dass weibliche Musikerinnen auf dem Rockaway ganz selbstverständlich ihren Platz finden!
Mit roher Soundgewalt bringen Fjørt aus Aachen dann am frühen Abend das Strandbad zum beben. Die ersten Moshpits gibt es allerdings erst bei Adam Angst. Die Kölner Band wird vom Publikum schon beinah genauso gefeiert wie der eigentliche Headliner Kettcar. Die Texte werden mitgesungen – auch von einigen noch ganz jungen Festivalgästen, vielleicht maximal im Grundschulalter. Gedichte auswendiglernen? Nö, lieber “Splitter von Granaten”!
Dazwischen gibt es noch tolle Konzerte von Belgrad, den grandiosen Fortuna Ehrenfeld, dem Singer/Songwriter Tim Vantol und natürlich von den Matches, die die Hauptbühne eröffnen.
Der krönende Abschluss des Tages sind dann ohne Frage trotzdem Kettcar. Die sorgen mit ihren Songs nicht nur für Gänsehaut, es gibt an diesem Abend sogar eine Premiere zu feiern, als Bassist Reimer zum Ersten Mal in der immerhin 17-jährigen Bandgeschichte Crowdsurfen geht.
Leider sind es dennoch nur 1300 Besucher, die den Weg ins Strandbad Losheim gefunden haben. Bei einem Elektro-Festival am Tag darauf wurden um die 4000 Besucher erwartet. Bleibt also nur zu hoffen, dass nächstes Jahr mehr Fans von handgemachter Musik nach Losheim kommen. Es lohnt sich aufjedenfall, nicht nur wegen der superschönen und weitläufigen Location, natürlich auch – und vor alledem – wegen der tollen Bands.