Beruhigend ist, dass die Piepsstimme der Sängerin Aoife Power von WHENYOUNG in der Livevariante doch nicht so schlimm klingt wie auf Platte. Dass sich die goldene Kehle des irischen Folkpunks – Shane MacGowan – den Act freiwillig auf seinen 60. Geburtstag nach Dublin kommen lies, lässt entweder darauf schließen, dass drei Flaschen Whiskey am Tag und jahrelanger Heroinkonsum eventuell doch irgendwann ein wenig das Einschätzungsvermögen trüben können, oder dass Shane ein ausgemachter Sadist ist, der seine Gäste ein wenig foltern wollte. Jedenfalls handelt es sich bei der Band um die „Kategorie: Total Belangslos“ – aber anscheinend mit ausreichend Kohle von Haus aus – oder mit einer sehr, sehr optimistischen Plattenfirma im Hintergrund ausgestattet. (In Bezug auf das Geld) eigentlich wie alle britischen Bands der letzten 10 Jahre – die SLEADFORD MODS mal ausgenommen.
Nach dem professionellen Auftritt WHENYOUNGs zeigt die Umbaupausenmusik direkt mal wo der VACCINES-Zug hinfahren wird. Während andere Bands sehr häufig ihr großes Popwissen oder Ihre Dankbarkeit für die Ehre in Köln spielen zu dürfen (wie man ja auch oft in Konzerten hört) damit unter Beweis stellen, dass vor ihren Auftritten die größten Hits der Gruppe CAN zu hören sind, bringen die Westlondoner das Publikum mit alten Mainstreamhits wie „Walk of Life“ und „Dancing In The Dark“ auf Betriebstemperatur. Zu den Klängen von ABBAs „Dancing Queen“ kommen sie dann sogar auf die Bühne. Justin Hayward-Young, seines Zeichen Leadsänger und Gitarrist trägt seine Haare inzwischen deutlich kürzer. Ziemlich erschlankt ist er ebenfalls. Sein irrer Gesichtsausdruck ist in der Kombination ein wenig besorgniserregend. Nein, etwas seltsam hat der Gute schon immer aus der Wäsche geschaut. Und auch heute springt er wie ein Derwisch über die Bühne. Die Band spielt ein sehr kurzweiliges 20 Songs- und Karriere umspannendes Set. Acht Jahre soll das letzte Köln-Gastspiel bereits her sein. Unser vierköpfiger anwesender Stab ist sich über die Qualitäten nicht ganz einig. Teile finden dass die Band zu wenig auf das Publikum eingehen würde, andere sprechen sogar von belanglos. Den Artikel schreibe aber nun mal ich. Und ich sage das Konzert ist sehr gut. Da die Band erst 2010 gegründet wurde, befinden sich im Konzertsaal angenehmerweise auch nicht nur Menschen in meinem Alter, sondern auch junge Leute. Und da die (5) Lieder von der neuen Platte neben den alten Gassenhauern nicht untergehen – kann man auch nicht von einer Show reden, die nicht ausschließlich von nostalgischen Gefühlen von Seiten des Publikums begleitet wird. Also – das sind doch zwei sehr ungewöhnliche und schöne Tatsachen. Außerdem gibt sogar zwei bis dato unveröffentlichte neue Songs („All My Friends Are Falling In Love“ & „Let’s Jump Off The Top“) zu hören, die ebenfalls sehr positiv aufgenommen werden. Natürlich brennt die Bude lichterloh bei „Post Break-Up Sex“ und „If You Wanna“. „All In White“ beendet den hedonistischen Reigen. Hoffentlich muss Köln nicht wieder acht Jahre auf neuen Impfstoff warten.
Als besonderen Service bieten wir unseren Lesern eine Playlist mit der Setlist vom Konzert – zum Nachhören – nicht als Hausaufgabe – wir sind ja hier nicht bei Plattentests.de.
Fotocredit: Hannah Trebeik