Mit MODERN CULTS legen Holygram ein Album vor, was nur so trieft vor 80er Wave, Shoegaze und New Romantic Anleihen. Das Gute ist, die Kölner drehen diese durch ihren ganz eigenen Soundmixer und legen ein verstörend-schönes Werk vor.
Nein, fröhliches Beiwerk zum Mitpfeifen ist das Debütalbum MODERN CULTS der Kölner Holygram sicherlich nicht. Vielmehr zieht das entfachte Soundgewitter den Hörer immer weiter in die Tiefe, in einen leicht paranoiden Zustand zwischen Einsamkeit, Anonymität und Unbehangen. Den Basissoundtrack für diesen Gefühlsmix schrieben Joy Division Anfang der 1980er. Die Wurzeln für MODERN CULTS liegen dort und bei der Nachfolgeband New Order begraben, werden allerdings verfeinert um Shoegazegitarren, eine krautrockartige Spiel- und Experimentierlust sowie sphärige Wave Sounds, durch die in den wenigen optimistisch klingenderen Stücken wie „She’s like the Sun“, einige Sonnenstrahlen in die Tiefe gelangen. Tatsächlich herrscht ansonsten auf den meist langgezogenen Stücken eine Dunkelheit, die sich aus Synthiegewittern und verzerrten Gitarrenwänden speist, die sich meist über mehrere Minuten gegenseitig in die Höhe schieben wie im collagenartigen „Signals“ oder „Distant Light“. Dazu gesellen sich vereinzelte Sonartöne, als befände man sich in einem U-Boot auf der Fahrt durch die Tiefsee wie im heimlichen Hit „Modern Cults“, dessen Refrain man nur schwer wieder aus dem Kopf bekommt. Diese widerkehrenden Refrains, die sich aus dem Soundgewitter nach oben schieben, sind denn auch der große Widererkennungswert der Platte und der Beleg, über welches gutes Songwritingpotential Holygram verfügen. Zwar ab und an zu nah am Plagitat, aber durch ihren Mix der Stile, eigenwillig genug, um niemals der Abkupferei beschuldigt zu werden. Für alle Freunde der düsteren Seite des Post-Punks, der ja gerade wieder hohe Wellen schlägt, die elektronischen Tönen und weiten Soundlandschaften nicht abgeneigt gegenüber stehen, sei MODERN CULTS ans Herz gelegt.
Das gilt im Übrigen auch für die Shows des Quartetts, wie der Auftritt beim Maifeld 2016 bewies.
VÖ: 09.November 2018, SPV/Oblivion/Cleopatra Records, http://holygram.band/
Tracklist: Into teh Void/ Modern Cults/ A Faction/ Signals/ Dead Channel Skies/Hideaway/ Still there/ Odd Neighbourhood/ She’s like the sun/Distant light/ 1997
Ohr d’Oeuvre: Modern Cults/ Hideaway/ She’s like the Sun
Gesamteindruck: 7,0/10