Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen fast jede Woche eine starke, deutschsprachige (Indie-)Punkrockplatte erschienen ist. Aber mit ZUVIEL LICHT hauen Kramsky am Ende des Jahres noch mal einen richtigen Kracher raus.
Das zweite Album ZUVIEL LICHT von Kramsky ist ein wenig wie eine leckere Torte. Man nimmt das erste Stück, dann das zweite, dann das dritte…und eh man sich versehen hat, ist die Torte weg. Die Mischung aus Post-Punk, Wave und Indiepop in Verbindung mit leicht kryptischen Texten, setzt sich bereits nach dem ersten Durchlauf im Kopf fest. Egal, ob im Opener „Jobs und Geld“, dem tanzbaren Post-Punk Kracher „Disko“ oder wie in dem vegan-fleischfressenden Liebeslied „Anna liebt Tiere“, die Refrains und Hooks können direkt als Posted an den Badezimmerspiegel gehangen werden. Fans von Love A oder Illegale Farben, aber auch von verschrammelten Indiebands wie Heim, sollten voll auf ihre Kosten kommen. Kramsky verbinden melancholische Gitarren und knarzige Basslininien mit dieser rotzig-selbstbewussten „Leck mich am Arsch“ – Haltung, die eine gute Rock-(Punk-) Band braucht. Exemplarisch dafür steht eine Lied wie „Last Exit“, was vom Zwiespalt zwischen dem eigenen Funktionieren und der Sehnsucht nach einem Leben jenseits der Konformität handelt. Das scheint eh eines der zentralen Motive bei Kramsky zu sein, das Streben nach dem richtigen Leben im falschen. Zwar bleiben wie bereits gesagt die Texte teilweise im kryptischen, werden Situationen beschrieben ohne den Kontext aufzuklären, aber es bleibt eben die generelle Kritik an den Zuständen wie Leistungswahn oder Voyuerismus („Jobs und Geld“) spürbar. Immer in Verbindung mit diesen gemeinen Refrains, die sich sofort im Kopf festsetzen.
Allerdings sollten es auch nicht zu viele Stücke Torte sein, sonst wird einem schlecht. Und an manchen Stellen ist das auch bei ZUVIEL LICHT so. Einige Songs kommen mit einer leichten Extrabreit – Attitüde rüber, etwas zu gewollt locker und breitbeinig, etwas zu standardrockmäßig. Aber das sind nur einige Stellen. Stellen es Kramsky richtig an, wird wohl 2019 viel von ihnen zu hören sein.
VÖ: 16.November 2018, Disentertainment, https://www.kramsky.de/
Tracklist: Jobs und Geld/ Last Exit/ Autobahnmann/ Die Tiere gehen schlafen/ Komplett/ Nerven/ ADWMK/ Disko/ Anna liebt Tiere/ Türen/ Unter Wasser
Ohr d’Oeuvre: Last Exit/ Türen/ Disko
Gesamteindruck: 7,0/10