Lust am Krach im Bällebad
…And You Will Know Us by the Trail of Dead spielten im Zakk ihr „Madonna“-Album in voller Länge
Als 1999 „Madonna“, das zweite Album der texanischen Postrocker …And You Will Know Us by the Trail of Dead, erschien, hatte sich die Band bereits in Szenekreisen einen Ruf als fabelhafte und exzessive Live-Band erspielt. Eine Schneise der Verwüstung wurde auf den Konzerten regelmäßig hinterlassen, zerschlagenes Equipment und zerstörtes Hotelinventar waren wie Auftritte im Whisky-Rausch an der Tagesordnung. Davon haben Conrad Keely und Jason Reece, die beiden letzten verbliebenen Mitglieder aus der Ur-Besetzung, die sich zudem auch seit jeher innerhalb der Band die Funktionen des Sängers, Gitarristen und Schlagzeugers im munteren Wechsel teilen, nun doch schon seit geraumer Zeit Abstand genommen – ob sie mit steigenden Alter an zerstörerischer Wut verloren haben oder der Geldbeutel einfach zu überstrapaziert wurde, ist öffentlich nicht bekannt.
Im Düsseldorfer Zakk, wo Trail of Dead nun anlässlich der 20-jährigen Jubiläumstour ihres Zweitwerks gastierten, gab es Tee statt Hochprozentiges für Keelys gereizt klingende Stimmbänder und für das Publikum statt zerbrochener Gitarrenhälse und eines brennenden Drumsets am Ende ein von Reece über ihre Köpfe geleertes Netz voller Gummibälle. Kindergeburtstagsparty statt Punkrock und Noise-Attacken? Nein! Auch 25 Jahre nach ihrer Gründung haben Trail of Dead die Lust am Krach nicht verloren – zumindest live.
Denn während ihr Œuvre auf Platte gepresst bekanntlich mit jeder weiteren Veröffentlichung facettenreicher, ausgefeilter, proggiger und mitunter sehr viel poppiger wurde, ohne dabei aber jemals belanglos oder überflüssig zu werden, zelebrieren Trail of Dead auf ihren Konzerten am liebsten immer noch den Punk der alten Tage – nur dass die Instrumente mittlerweile eben heile bleiben. Wer die Band in letzter Zeit schon mal live gesehen hatte, konnte sich also bereits ohne das Wissen, dass die „Madonna“ auf der aktuellen Tour in voller Länge gespielt wird, ausrechnen, dass es sehr laut im Zakk werden wird.
Spannender war da viel eher die Frage, welche Songs es noch auf die Setlist schaffen werden und mit welchen sie das Konzert beenden werden, wo doch „Totally Natural“ und „A Perfect Teenhood“, die sonst in der Regel ihre Gigs beenden, bereits an zweiter beziehungsweise achter Stelle – abzüglich Intro und Interludes – gespielt werden mussten. Die Antwort: das grandiose „Will You Smile Again?” und das alles niederwalzende „Richter Scale Madness” vom selbstbetitelten Debüt.
Ob es die Band jemals schaffen wird, ihr abwechslungsreiches musikalisches Werk auch mal live in einer dieses abdeckender Setlist entsprechend zu würdigen, bleibt also weiterhin offen. Es sollten aber eh noch genug Möglichkeiten kommen, das zu überprüfen. Bereits im nächsten Jahr feiert immerhin das bahnbrechende „Worlds Apart“ 15. Geburtstag. Und alles andere, als wenn Keely und Reece ihrem Viertling nicht die gleiche Ehre zuteil lassen werden wie dem stilprägenden „Source Tags & Codes“ vor zwei Jahren oder eben jetzt der „Madonna“, wäre wohl ein handfester Skandal. Darüber hinaus steht, wenn man Einträge in den sozialen Netzwerken richtig deutet, auch ein neues Album und somit der langersehnte Nachfolger des 2014 erschienenen „IX“ in den Startlöchern. Der Pfad der Toten ist also noch lange nicht zu Ende beschritten.
Dominic