„Quit Signs“ ist das dritte Album (und das erste für City Slang) der Singer-Songwriterin Jessica Pratt aus Los Angeles. Auch wenn im Pressetext darauf hingewiesen wird, dass es sich bei dem aktuellen Longplayer um Pratts erste Veröffentlichung handelt, die in einem professionellen Studio aufgenommen und gemischt wurde, steht die Produktion auf den ersten Blick in ihrer Klangcharakteristik der kargen Schönheit der Vorgänger-Homerecordings in nichts nach, bzw. stellt auch keine vermeintliche Verbesserung oder Veredelung dar. Wie gesagt, auf den ersten Blick.
Bei den ersten Takten von „Opening Night“ hat man das Gefühl, Erik Satie würde Brechts/Weills „Moritat von Mackie Messer“ interpretieren. Aber spätestens wenn dann Pratts spezielle* Stimme in „As The World Turns“ ertönt, erkennt man sofort wessen Platte da gerade läuft. Genau wie bei Satie ist der sanfte Folkentwurf der Amerikanerin, eine Musik die definitiv aus der Zeit gefallen und einzigartig ist und zeitlich nicht in „ihrer richtigen Ära“ veröffentlicht und geschrieben wurde.
Weil Pratt in Kalifornien lebt, wird im Zusammenhang mit ihrer musikalischen Ausrichtung natürlich ständig der Name von Joni Mitchell gedroppt. Der Folk von Pratt ist jedoch nicht im Laurel Canyon zu Hause, sondern steht in der Tradition von Sibylle Baier und Vashti Bunyan.
Die Zielgruppe von Pratt und den anderen Genannten sind in der Regel unfassbar attraktive und verträumte Mädchen (die können ja auch durchaus männlich sein) – und mit denen möchte ich es mir nicht verderben. Deswegen schreibe ich nicht, dass man beim ersten Reinhören in die Platte auch wieder kurz denken könnte, die spezielle* Stimme könnte auch von den (hochgepitchten) Hamstern stammen, mit denen Frank Zander einige seiner großen Erfolge eingesungen hat (oder von einem Schlumpf, der jetzt solo unterwegs ist).
Den vorangegangenen Abschnitt bitte wieder vergessen: das ist schon eine richtig tolle Platte. Die Beste von Jessica Pratt bisher. Man achte nur zum Beispiel auf die Harmoniewechsel bei „This Time Around“. Das ist große Songwriting-Kunst. Und durch die neue Produktion entfaltet die Instrumentierung auch erstmalig einen wirklich großen (aber subtilen) Zauber. Allein schon wie das Piano in „Here My Love“ klingt. Da hat der Oneohtrix Point Never Produzent Al Carlson einen verdammt guten Job gemacht.
VÖ: 08. Februar 2019, City Slang Records, https://cityslang.com/releases/jessica-pratt-quiet-signs
Ohr d’Oeuvre: Fare Thee Well/ Poly Blue/ Aeroplane
Tracklist: Opening Night/ As The World Turns/ Fare Thee Well/ Here My Love/ Poly Blue/ This Time Around/ Crossing/ Silent/ Aeroplane
Gesamteindruck: 9,0/10