Respekt! Balthazar sehen beim Betreten der Bühne aus wie leicht zynische, gelangweilte, eventuell ein klein wenig verdrogte Motherfucker. So wie sich das eben für eine richtige Rockband gehört. FAT WHITE FAMILY Und ICEAGE haben das im Moment am besten drauf. Das ist aber nur eine einstudierte Pose (wie bei den meisten anderen Rockbands natürlich auch). Im Verlauf des weiteren Abends wirken sie dann tendenziell eher engagiert. Das ist etwas widersprüchlich.
Das Bühnenbild mit zwei großen beigen Fächern, könnte auch aus dem Produktionsdesign der Erfolgsserie „Babylon Berlin“ stammen. Mit der Musik der Weimarer Republik hat der Vortrag Balthazars jedoch überhaupt nichts gemein. Mit klassischem Rockmusik-Songwriting ebenfalls wenig.
Sie beginnen ihr (circa) 80 Minuten Set mit „Roller Coaster“ vom neuen Album. Der Sound wirkt ziemlich undifferenziert – für die vorhandene PA in der Live Music Hall definitiv zu laut. Es wird den ganzen Abend zu laut bleiben, bzw. nicht wirklich zu laut sein. Präziser: die geforderte Lautstärke des/der Tonmenschen kann die PA nicht adäquat leisten. Gut, dass kann zum anfangs erwähnten Konzept gehören. Hat man auch schon zigmal erlebt. Dank nochmal an TAME IMPALA von meinem HNO-Arzt. Das soll auch nicht als wirkliches Defizit oder Problem rüberkommen – nur die übliche Klugscheißerei. Verzeihung!
Die ersten vier Tracks des Abends (nach „Roller Coaster“ folgen „The Boatman“, „Sinking Ship“ und „Wrong Vibration“) machen durchaus Lust auf den weiteren Konzertverlauf. Dass zwei der ersten vier Songs aus alten Alben stammen, bereitet erstmal keine Sorgen. Leider hängt das Konzert ab dem fünften Song dann doch tatsächlich ziemlich durch. Von den nächsten zwölf Stücken sind neun aus der aktuellen Platte – und die Platzierung des Materials oder das aktuelle Werk an sich, ist entweder falsch gewählt oder zu schwach für einen wirklich aufregenden Konzertabend. (Mist, das muss sich ja lesen, wie ein Monolog des Grafen Zahl)
Die musikalische Ausrichtung und Attitüde von Balthazar erinnern schon sehr an das (unerreichbare) Vorbild dEUS. Von der Qualität, wie deren „Instant Street“, „Roses“ oder „Bad Timing“, haben BALTHAZAR nicht einen einzigen Song in ihrem Repertoire. Auf die Thronfolge im belgischen Rock muss man noch warten. dEUS Songwriting ist auch klassisch – und nicht wie bei BALTHAZAR – looporientiert. Das soll auch immer noch kein Vorwurf sein. Dass jüngere Rockbands eher looporientierte Songs schreiben und nicht unbedingt klassische, an der Beatmusik geschulte, Lieder komponieren, hat wahrscheinlich schlicht und ergreifend mit der Musik, mit der man eben aufwächst zu tun. Leider sind die meisten auf Loop-Basis konstruierten Rocksongs tendenziell nicht sehr substanzreich. Sorry, LEONIDEN! Tatsächlich fällt mir spontan auch nur eine Band ein, die beide Schulen perfekt beherrscht: RADIOHEAD. Über weitere Beispiele würde ich mich sehr freuen.
Um jegliche Mißverständnisse von vornherein auszuschließen – die Performance von BALTHAZAR ist nicht übel. Die Stimmung im Publikum ist durchgehend gut (am Ende sogar ziemlich ausgelassen). Gerade nach „Bunker“ von „Thin Walls“ zieht die Stimmung und Qualität deutlich an. Danach funktionieren auch die stärkeren Songs vom „Fever“ Album. Der Abend wird geschmackssicher mit „Do Not Claim Them Anymore“, von BALTHAZARS bestem Album „Rats“ geschlossen. Aber ein richtig dickes Konzert war das nicht. Geil geliefert? Kommt auf den Empfänger an.
Abschließend ein Tipp an Maarten Devoldere: wenn man nichts, außer eher gelangweilte „Cologne – how you’re doin'“ und „great to be back in Cologne“ – jedenfalls ausschließlich an den eventuell in Teilen des Publikums vorhandenen Lokalpatriotismus appellierende Sätzchen zu sagen hat – dann hält man einfach besser ganz die Klappe. Dann wirkt man auch noch mehr wie ein echter Rockstar.