Von Hans Unstern wünschen wir uns (nach seinem wunderbaren Support-Set beim Konzert der HEITERKEIT an diesem Freitag – im nahezu ausverkauften artheater in Köln-Ehrenfeld) dringend eine Solotour. Unstern begleitet seine große Lyrikkunst auf der Harfe. Wer sich auf die Musik einlässt, wird unter anderem mit einer sehr interessanten Helge Schneider Bearbeitung belohnt. Dessen „Bonbon aus Wurst“ wird bei Unstern zum „Bonbon aus Plastik“. Einige Titel scheinen aus dem hoffentlich bald erscheinenden dritten Album „Diven“ zu stammen. Ein ebenfalls etwas spezielleres Lied – eine maritime Erzählung über Erbrochenes, das im Wasser noch einen nützlichen Verwendungszweck erhält (welches möglicherweise von dem fantastischen Film „Les Garçons sauvages“ – B. Mandico, 2017) inspiriert sein könnte*), bereitet jedenfalls große Vorfreude auf Unsterns neue Platte. *Das in dem Film stark im Vordergrund stehende Genderrollen-Thema, spielt im Werk des Hans Unstern ja auch keine unbedeutende Rolle.
Die Main-Attraction DIE HEITERKEIT kann am heutigen Abend auch auf ganzer Linie überzeugen. Das ist wirklich sehr erfreulich. Beim letzten letzten Köln-Konzert (unsere damalige Review) waren wir vom Soundmix und Schlagzeugspiel nicht wirklich begeistert. Am heutigen Abend hat man sich für eine geringere Lautstärke zugunsten eines differenzierteren Ausdrucks beim Klangbild entschieden. Drummer Jannis Kleiss (WALLS & BIRDS) und Leo Hilsheimer (BEWEGUNG TUT GUT) ergänzen Stella Sommer und die für Harmoniegesang und Keyboard zuständige Helen Fry alias Sarah Dudda optimal. Das Ausmaß an Fluktuation im Bandgefilde erinnert ein wenig an die erbarmungslose Regentschaft eines Frank Zappas. Das Ergebnis am heutigen Abend gibt Stella Sommer aber durchaus Recht. Die Stücke entfalten live endlich ihre ganze Schönheit. Da machen wir nervige Dazwischenredner auch gerne auf charmante Weise (und notfalls auch uncharmant) darauf aufmerksam, ihre Gespräche einzustellen.
Die Auswahl und Platzierung der Titel (aus inzwischen vier Langspielplatten!) ist ebenfalls weise gewählt. Die Sloganhaftigkeit ihrer Songs – wie „Schlechte Vibes im Universum“ – ist in den besten Momenten sogar auf Augenhöhe mit TOCOTRONIC. Dadurch, dass man jetzt auch leichtere Kost aus dem ersten Album – wie den frühen Hit „Für den nächstbesten Dandy“ – in die Setlist integriert, profitieren darauf folgende Stücke wie „Panama City“ oder „Die Kälte“. Und erreichen so bei der Zuhörerschaft deutlich mehr Ergriffenheit.
Insgesamt ist eine neue Leichtigkeit beim Spiel – während des gesamten Konzertes – bei allen Beteiligten auf der Bühne festzustellen. Da werden die Einsätze auch schon mal von Jannis Kleiss auf der Kuhglocke eingezählt. Man kann nur hoffen, dass die Band in der aktuellen Besetzung zusammen bleibt. Inzwischen hat sich die Band tatsächlich auch für größere Festivalbühnen im kommenden Sommer qualifiziert. Wenn das denn überhaupt in den Masterplan der undurchschaubaren Stella Sommer passt. Genug entsprechendes Material hätte sie inzwischen dafür definitiv auf Lager.