Das Konzert sprengte die Erwartungen an den Abend wie auch die Show in ambivalentem Maße – Versuch einer unkonventionellen Betrachtung zum Auftritt von Die Goldenen Zitronen in mehreren Akten.
Akt 1 – Das Vorspiel:
Die Vorzeichen waren exzellent – MORE THAN A FEELING ist das herausragende, aktuelle Album der Band. Auf diesem befinden sich mit „Die alte Kaufmannsstadt, Juli 2017“ und „Das war unsere BRD“ zwei Songs, die – textlich – zu den relevantesten, deutschsprachigen Veröffentlichungen in diesem Jahr gehören. Eine bisher fast gänzlich ausverkaufte Tour tat neben Hans Unstern und dem beginnenden Frühling das ihrige dazu, den passenden Rahmen für das Konzert der Band im Kölner Stadtgarten an diesem Abend zu bereiten.
Akt 2 – Die Grenze:
Einwirkungen höherer Gewalten bei Mobilität, Kommunikationsprozessen und Zuständigkeiten, die scheinbar eindeutig geklärt waren, führten dazu, dass der Redakteur samt Begleitung dem gewünschten Konzert fast nicht beiwohnen konnte. Aber bei individuellen Lösungen sind die Bewohner der Domstadt ja Meister aller Klassen – ein Dank gilt zuständigen Personen für den unkonventionellen Support.
Akt 3 – Der Auftritt
Nachdem die unterschiedlichen Barrieren und Hindernisse überwunden waren, befanden sich der Redakteur und seine Begleitung am Ziel – dem großen Saal in der Konzertlokalität. Dort standen Die Goldenen Zitronen auf der Bühne, die offensichtlicher Weise richtig Bock auf den Abend, das Konzert und die Songs hatten. Es war spürbar, dass die Mannen um Schorsch Kamerun und Ted Gaier brannten, eine Energie versprühten und einen Enthusiasmus offenbarten, wo sie an normalen Tagen alles in Schutt und Asche legten.
An normalen Tagen wären die Besucher wohl vollends euphorisiert nach dem Konzert aus dem Stadtgarten gegangen und hätten von einem der Auftritte des Jahres gesprochen. Dieser Abend war aber nicht mit normalen Maßstäben zu bemessen und lässt sich in Gänze treffend mit dem Tocotronic-Zitat „Die Idee war gut, doch die Welt noch nicht bereit“ zusammenfassen. Pointierter und passender noch stellen die ersten Zeilen von „Mila“ die paradoxe Eigendynamik und Interaktion zwischen Band und Publikum dar:
„Was ich wirklich nicht oft tue, ist mich verlaufen
Ich versuche immer bekannte Wege zu gehen
Das war auf dem Land jedenfalls so
Wie heißt denn jetzt der Scheißladen
Das gibt es nicht, dass sie mich nicht abgeholt haben, scheiße“
Akt 4 – Die Quintessenz:
Die Setlist beinhaltete alles, wirklich alles, was im Programm von Die Goldenen Zitronen seit dem 94er Album DAS BISSCHEN TOTSCHLAG bis zu den Songs aus dem aktuellen Album Relevanz hat. Außer zuvor angeführter „Mila“ sind hier beispielsweise „Wenn ich ein Turnschuh wär“, „Auf dem Platz der leeren Versprechungen“ und „Das war unsere BRD“ genannt. Zudem versuchte die Band vieles, um in aktiven Austausch mit dem Publikum zu treten – jedoch fruchtete nichts. Das war umso tragischer, da Die Goldenen Zitronen ein Facettenreichtum bei den Stücken, im gemeinsamen Zusammenspiel, den Arrangements wie auch bei der Instrumentierung der Songs an den Tag legten, die eine Dynamik, einen Austausch und einen Spannungsbogen zwischen Band und Besuchern verdient hätten. Leider trat dieses nicht ein. „Meine kleine Welt“, was auch in der Setlist stand, fasst die Wechselwirkung der fehlgeschlagenen Interaktion zwischen Publikum und Band zusammen.
Akt 5 – Das Fazit:
Auch wenn es der gemeine Besucher des Konzertes in der Domstadt nicht hören will – vielleicht sind die Punkwurzeln in der Alterskohorte der Besucher im Stadtgarten im Vergleich zu einer ähnlichen Personengruppe aus der Landeshauptstadt signifikant schlechter ausgeprägt. Auf dem Konzert versuchte die Band die Erwartungen zu erfüllen. Kameruns Statement „Mann, Mann, man Leute – ich dachte wir wären schon viel weiter“ (während der Show) sagt dazu Einiges. Vielleicht hat das Altbierdorf wegen seines soziokulturellen Hintergrundes in Sachen Punk doch mehr zu bieten als die Karnevalsmetropole. Die Herren Frege, Hein und Delgado sorgten zumindest im Ratinger Hof, wie auch auf der Kiefernstraße für mächtig Alarm, als es rheinabwärts doch sehr beschaulich war. Selbiges spiegelte sich im Stadtgarten wieder. Schade eigentlich – Band und Show hätten einen bessere Dynamik verdient gehabt….
Akt 6 – Das Nachspiel: