Wo war Dieter Thomas Heck? Ist Dagobert ein Mensch oder ein Außerirdischer, der gekommen ist, uns die Liebe zu bringen? Fragen, Fragen, Fragen und vielleicht ist die einzige Antwort, dass die Leute mehr Liebe brauchen.
Weil der Kollege ausfällt, schleppt man sich halbinvalide in die Büze, um erstmalig Dagobert zu erleben. So ganz leuchtet das neue Konzept der c/o pop zuerst nicht ein. Zwar versprüht die Büze in Ehrenfeld einen eigenen Charme, aber der passt eher zu Coverbandkonzerten, Esoterikmessen und Flohmärkten, zumindest zu Beginn. So wirkt Dagobert, der alternative Schlager-Crooner zu Beginn des Sets mit seiner Band ein wenig deplatziert. Vor dem Hintergrund der Beleuchtung wirkt es wie eine Hitparaden-Übertragung aus den frühen 1980ern. Viktor Worms übernehmen sie! Der Sound ist den ganzen Abend leider auch nicht überragend. Allerdings und hier muss man den Hut vor dem Künstler ziehen, macht dem das so gar nichts aus. Vom ersten Lied an hat er das Publikum, was überraschenderweise zur Hälfte aus sehr textsicheren, jüngeren Männern besteht, im Griff. Eine seltene – sagen wir im Rahmen von Indie-Pop – gezeigte Euphorie durchschwingt die Leute. Die in diversen Liedern vorkommenden Aaaaaaaahs und Ooohhssss werden euphorisch mitgesungen. Mindestens ab Mitte des Sets wirkt es wie eine Apres Ski Party mit Niveau. Und dann macht vielleicht das c/o pop – Konzept wieder Sinn. Ein niedrigschwelliger Ansatz, den ganzen Coolness – Überbau an diesem Ort mal hinter sich lassen und sich einfach von der Musik und den Texten wegtragen lassen. Gerade die Songs vom Album AFRIKA wie „Jenny“, „10 Jahre“ oder „Wir leben aneinander vorbei“ werden euphorisch gefeiert. Vom letzten Album WELT OHNE ZEIT werden vor allem das pathostriefende „Einsam“ (Bowie Cover? Ziggy Stardust? – Leute sind kurz vor den Glückstränen), „Du Und ich“ und „Uns gehört die Vergangenheit“ gefeiert.
Dagobert selber zieht sich zweimal um, beginnt im kleinkarierten Dandylook, verwandelt sich im goldenen Raumanzug zu Ziggy Stardust, um als ärmelloser Rocker zu enden. Das wirkt stimmig, denn das Konzert ist auch eine grosse Inszenierung, so knutschen Gitarrist und Bassist, beeindruckt Dagobert durch seine wenigen, fast karikativ-übertriebenen Gesten. Trotz der Euphorie, scheint er über den Dingen zu stehen, um im letzten Lied „Hochzeit“ sein Unnahbarkeit kurz aufzugeben. Der Refrain „Ich möchte ein Kind von Dir“ wird im Wechsel von Publikum und Künstler gesungen und man wartet eigentlich nur darauf, dass sich alle in den Armen liegen. Der Abend unterstreicht das Phänomen Dagobert und lässt einen nachdenklich zurück, wohin das noch führen kann, mit dem Crooner und Entertainer. Dire Büze ist für 90 Minuten der schönste Platz der Welt.