Stände plötzlich Werner Schulze-Erdel vor einem und stellte in alter „Familien-Duell“-Tradition die Aufgabe „100 Leute haben wir gefragt, was assoziieren Sie mit Schweden“ – es fielen wohl Begriffe
wie Elche, endlose Wälder und Seen, schöne, blonde Menschen, IKEA, ABBA, Astrid Lindgren, Zlatan Ibrahimovic oder neuerdings Greta Thunberg. Für die Antwort „Blues“ hingegen bekäme man wohl eher null Punkte gutgeschrieben. Zu Unrecht. Zum einen, weil laut dem schwedischen Jazzmusiker Nils Landgren die Menschen in seiner Heimat ebenso wie die schwarzen Sklaven in den US-amerikanischen Südstaaten sangen, „um die Arbeit leichter und die Mühen erträglicher zu machen“ (die sogenannten Worksongs gehören zu den Ursprüngen der Bluesmusik). Zum anderen kommt mit Daniel Norgren ein wahrlich begnadeter Musiker, der den Blues als maßgeblichen Stil verinnerlicht hat, ebenfalls aus Schweden.
Genauer aus Borås, einem 72.000-Seelen-Ort im Süden des Landes. Dort wurde der hünenhafte Musiker 1983 geboren und erhielt im Jugendalter seine erste Gitarre, die sein Vater der Legende nach schwer beschädigt aus dem Müll geholt haben soll. Auf dieser erlernte er fortan die Musik der afroamerikanischen Bevölkerung des frühen 20. Jahrhunderts. 2007 erschien schließlich sein in Eigenregie und auf selbstgebauten Instrumenten eingespieltes Debütalbum KEROSENE DREAMS, auf dem er sein Talent erstmals einer breiteren Öffentlichkeit präsentierte. Mit WOOH DANG erschien im Frühjahr dieses Jahres schließlich sein bereits achtes, dafür aber erstmals international veröffentlichtes Album, welches er am vergangenen Donnerstag in einem ausverkauften Stadtgarten in Köln mitsamt seiner Band vorstellte. Klavier, Mundharmonika, Kontrabass, selbstgebaute Heimorgeln – die Instrumentierung in Norgrens Songs ist ebenso vielschichtig wie es die Lieder an sich sind. Denn schon lange hat sich der 35-Jährige vom reinen Blues emanzipiert. Im Opener „The Flow“ – das so zart und ruhig beginnt, dass in Köln selbst das notorischste Plappermaul wenigstens für einen kurzen Moment das Quatschen einstellt und zuhört – kann man etwa Neil Young heraushören. Die Uptempo-Nummer „Let Love Run the Game“ lädt dagegen ganz ungeniert zum Tanzen ein, während „Moonshine Got Me“ vom 2013er Album BUCK mit seinem markanten Riff die Herzen von Fans psychedelischer Rockmusik höher schlagen lässt. Norgren nimmt viele Stile und schafft daraus einen ganz eigenen Sound, der dank seiner eindringlichen Stimme, mit der er über von ihm geliebte Menschen und Orte singt, immer einen Wiedererkennungswert behält.