Carnival Youth bringen mit GOOD LUCK ein schönes, sommerlich-beschwingtes Album heraus. Es beweist, dass Glück manchmal in den einfachen Dingen liegt.
Carnival Youth aus Riga lieben wir schon lange für ihren naiv-jugendlichen bis krachigen Breitwandindiefolk, der die Hörer schon seit ihrem Debüt NO CLOUDS ARE ALLOWED verzaubert. Die Band, die sich einst auf der Schule gründete, hatte immer die Fähigkeit großartige Melodien mit einer Leichtigkeit jenseits aller Melancholie zu kreieren und trotzdem tief zu bewegen wie in ihrem Überhit „Words like Birds“. Mit dem letzten Album VIENA VILCIENA sang das Trio um das Brüderpaar Kaupers erstmalig lettisch und gab der Platte einen harten Einschlag 80er Jahre Synthiepop. Eine Entwicklung, die sich vorher bereits andeutete und – betrachtet man Größen wie Arcade Fire oder Portugal The Man – durchaus im Zeitgeist liegt, aber in ihrer Konsequenz eine harte Abkehr vom gewohnten Sound des Debüts und der zweiten Platte PROPELLER darstellte. Auch auf dem neuen Album GOOD LUCK setzt sich diese Entwicklung fort. Carnival Youth singen zwar nicht mehr lettisch, hören sich für mitteleuropäische Ohren nicht mehr an wie die erträumte Plaste-Elaste Version von Sigur Ros, aber der 80ties Einschlag ist geblieben, wenngleich die krachigen Gitarren wieder mehr Platz einnehmen. Stärker hervor tritt auch wieder diese bezaubernde, jugendliche Naivität, die die Band immer auszeichnetet. Rumpelt der Opener „Two Monkeys“ noch wie eine durchschnittliche Vampire Weekend – Karaoke Nummer durch den Raum, folgt mit dem cheesy und basslastigen „Birthday“ bereits der erste Höhepunkt. Vertontes Glück! Gefolgt von den nicht weniger großartigen und schwer romantischen „Only the moon can see the sun“ und „Landlord (Die alone)“. Diese zeigen das Größe manchmal in der Einfachheit der Dinge liegt. Ab und zu reicht eine einfach Synthie – Hook, gepaart mit ein paar schmutzigen Gitarren, um die Glückshormone tanzen zu lassen. Auf GOOD LUCK klingen Carnival Youth reifer, aber ohne ihr Gespür für gute Melodien und ihre Unbekümmertheit zu verlieren. Aber selbst die schönsten Melodien nutzen sich mit der Zeit ab, so kann die Platte ihr Niveau nicht über die ganze Spielzeit halten. Da ermattet die sommerliche Leichtigkeit den Hörer, denn auch das Glück von 40 Grad, nützt sich irgendwann mal ab.
Wenn es wieder etwas kälter ist, am 18.10.2019, spielen die Letten im HOTEL FRIENDS in Düsseldorf.
VÖ: 16. August 2019, Backseat, http://carnivalyouth.lv/
Ohr d’Oeuvre: Pumpkin Pie/ Birthday/ Only the moon can see the sun
Gesamteindruck: 7/ 10
Tracklist: Two Monkeys/ Birthday/ Only the moon can see the sun/ Landlord (Die alone)/ Boys do cry/ Pumpkin Pie/ Desktop/ Friends/ Phantom Planet/ Baby/ Coral Castle/ Side by side