Der schottische Songwriter Hamish Hawk bestreitet seinen Supporting-Job vor dem Auftritt der Hauptattraktion wirklich sehr souverän. Mit seiner speziellen Mimik, den mit Deutschkenntnissen angereicherten Zwischenansagen und letztendlich mit seinen tollen Songs, wird sein Set zu einem kurzweiligen Vergnügen. Ihn sollte man auf dem Radar behalten. Seine Aussage, dass Charlie Cunningham „besoffen“ wäre, muss ja wohl ein Scherz sein. Er sagt es auf Deutsch, damit es backstage nicht noch zu einem englisch-schottischen Faustkampf kommt. Und das ist ja wahrscheinlich auch Quatsch. Der Flamenco-Charlie wird doch nicht blau sein. Und jetzt – vor der Show- würde ich meinen Einsatz, sollte es zu einem Schlagabtausch kommen, auch auf den Schotten setzen. Aber das ändert sich im Laufe des Abends.
Wenn ein Gitarren-Act angekündigt ist, der für vermeintlich deepe und melancholische Popsongs steht (und dann auch noch mit Co-Autor(en)), gehen bei mir zwar keine Alarmglocken an. Ich sehe jedoch, was für mich noch viel schlimmer ist, direkt vor meinem inneren Auge – es ist wirklich der blanke Horror – Sting neben seiner Frau Trudie; beide im Lotussitz auf dem Hof ihres Weinguts Il Palagio in der Toskana sitzen. Falls jemand helfen kann – feel free!
Aber meine Konditionierung ist am heutigen Abend völlig unbegründet. Auch wenn am Ende des Abends, deutlich mehr Tracks vom Debüt, als von der aktuellen Platte gespielt werden – was eigentlich auch kein gutes Zeichen wäre – kann ich nur ein Fazit ziehen: das war das beste Konzert des Jahres. Cunninghams Flamenco-Picking ist über alle Zweifel erhaben. Seine Songs fahren häufig auf das Pathos-Stadion zu, nehmen in letzter Sekunde aber IMMER eine Abbiegung. Die Songs sind in der Liveversion wirklich sehr ergreifend und einfach schön.
Ein großes Kompliment muss man dem Kölner Publikum machen. Ohne die Fans und ihre Reaktionen auf die einzelnen Lieder, die schon beinahe unwirklich euphorisch wirken, wäre es „nur“ ein ziemlich gutes Konzert geworden. Das fällt auch Charlie Cunningham und seinen Mitstreitern auf. Und nachdem er kurz backstage gehen will – um für die Zugaben zurückzukommen – fällt ebenfalls auf, dass sein (kurzes) Schwanken auf keinen Fall nur von den beiden Flaschen Bier kommen kann, die er während der Show verspeiste. Haha. Wie toll: ein trinkfester englischer Songwriter mit deepen und melancholischen, aber Pathos vermeidenden Songs und den besten Fans, die man haben kann.
Wenn in Zukunft deeper und melancholischer Gitarrenpop auf der Agenda steht, habe ich das Bild vor meinen Augen, wie Cunningham grinsend und schwankend von seinem Hocker aufsteht und backstage den rothaarigen Schotten mit einem präzise ausgeführten Faustschlag niederstreckt und ihm dann selbstredend sofort wieder auf die Beine hilft und ein Bier anbietet. Cheers!
Keine Garantie für die Korrektheit der Setlist.