Wurde das Lied „Wann strahlst Du?“ in den letzten Jahren ein ständiger und treuer Begleiter, schaffen es Jacques Palminger und Erobique dieses Hitpotenzial mit YVON IM KREIS DER LIEBE auf eine ganze Albumlänge zu bringen.
Je schwerer die Zeiten, desto leichter die Unterhaltung! Vielleicht war dies das Leitbild bei der Entstehung von YVON IM KREIS DER LIEBE. Dahinter verstecken sich der unermüdliche Erobique und der musikalische Anarchist Jacques Palminger. Beide kreieren einen Easy Listening – Soundtrack mit melancholischen Soul – Gitarren, knarzenden und unbedingt tanzbaren Basslinien und blubbernden Synthiesounds. Die Songs enthalten etliche Referenzen an Soul, den Schlager der 1970er und den italienischen Discosound, so dass den Hörer tatsächlich nach dem ersten Durchhören ein Anfall von Schwerelosigkeit ereilt, der selbst den grauen Pendlergesichtern in der Bahn noch einen bunten Anstrich gibt. Geschrieben wurden die Songs für die Sängerin Yvon Jansen. Mit „Wann strahlst Du?“ hatte das Trio bereits einen kleinen Hit, ein Lied was irgendwann ein Eigenleben entwickelte und ziemlich viele Leute in seinen Bann zog.
YVON IM KREIS DER LIEBE knüpft an diese Eingängikeit und an das Hitpotenzial an. Ein leichter Soundteppich, der in seiner Dichte und Melancholie mit Großmeistern wie Erland Oye spielend mithalten kann. Dazu gesellt sich Yvon Jansen, deren stoische und harte Stimme einen Gegensatz zu der leichten Unterhaltungsmusik bildet. Die Texte drehen sich um verträumte Momente, den Rückzug ins Innere. Im ersten Moment möchte man sich all zu gern der Leichtigkeit hingeben, wenn von dem eintätowierten Schokoladenbrunnen oder dem Feind aus Berlin gesungen wird und der junge Atlantik im Entstehen ist. Allerdings lässt jeder Text für sich offen, ob die Geschichte einen eher positiven Ausgang nimmt oder die Heldin letztendlich im eigenen Gedankengebäude gefangen bleibt bzw. gelangweilt von den Belanglosigkeiten eines eintätowierten Schokoladensbrunnens („Wie viel hat das gekostet? Tat das weh?„) vom Stuhl fällt. Zugleich möchte man meinen, die Sprache sei sehr dem Schlager entliehen, allerdings schrauben sich dazwischen immer Wortkonstruktionen wie Kreisgedankenproblem, die der heilen Oberfläche Risse geben. Diese textliche Doppeldeutigkeit unterstreicht nur die musikalische Vieldeutigkeit. Denn bei aller Euphorie und Leichtigkeit, welche die Songs entfachen, sind es eher die zurückhaltenden Momente und Elemente, die den Songs die richtige Tiefe leihen. Neben den Basslinien, sind dies die vor allem die eingestreuten Gitarrenthemen wie zu Beginn von „Folge der Spur“. Die Platte ist reich an Höhepunkten. Palminger und Erobique ist ein großartiges Album gelungen, woran 99,0% von Musikern gescheitert wären. Eine „Heile Welt“-Utopie zu schaffen, in der man ganz klischeelos für eine Plattenlänge abtauchen und den Alltag vergessen kann.
VÖ: 11. Oktober, A-sexy/Broken Silence
Ohr d’Oeuvre: Mein künstliches Paradies/ Der junge Atlantik lebt/ Folge der Spur
Gesamteindruck: 9 / 10
Tracklist: Im Kreis der Liebe/ Nikotina Turner/ Marco/ Schokoladenbrunnen/ Folge der Spur/ Der junge Atlantik lebt/ Sprezzatura/ Mein künstliches Paradies/ Bootsfahrt mit Geschrei/ See der Tränen/ Der erste Mensch auf der Sonne