Auf ihrer dritten Platte A BLEMISH IN THE GREAT LIGHT knüpfen Half Moon Run an die Stärken ihres Debüts an.
Es sollen ja immer noch Leute in Haldern und Umgebung gesichtet werden, die freudetrunken und ohne Hose rumlaufen. Sie berichten anderen Menschen vom atemberaubenen Auftritt von Half Moon Run im Spielgelzeit 2013 beim dortigen Pop-Festival. In ihrer Mischung aus Indie-Folk und Pop, traf die Band den Nerv der Zeit und überzeugte nichtzuletzt durch ihre perfekte Intrumentenbeherrschung, inklusive wilder Tauscherei eben dieser, dem hymnenhaften Chorgesang und der insgesamt mitreißenden Live – Performance. Ihr Debüt DARK EYES und der Hit „Full Circle“ spülte sie ins Vorprogramm von Mumford & Sons und mittlerweile in größere Livelocations. Nun, sechs Jahre sind ins Land gezogen, nach dem Debüt folgte mit SUN LEADS ON ME ein etwas poppigeres und weniger folkiges Album mit ein paar Elektroeinsprengslern.
Das neue Allbum A BLEMISH IN THE GREAT LIGHT ist eine gute Mischung aus beidem. Anspruchsvoll arrangierte Folk-Pop Songs, die schlau die ganz großen Emotionen anspielen, ohne Refrains tot zu treten oder subtil mit der Melodiekeule zu prügeln. Die Band aus Montreal schlägt den Bogen vom erdigen Seventies Folkrock a la Fleet Foxes bis zur materiellen Kühlheit von Alt-J. Der mehrstimmige Gesang direkt zu Beginn von „Then Again“ trägte einen gleich weg und eröffnet das Half Moon Run – Gefühl aus leichter Melancholie, angereichert mit vertrackten Melodien und Songwrinting – Hacken. Dabei meint man beim ersten Durchhören, dass die Band sich mit ihrer Ideendichte selbst ein wenig im Weg steht. So wird das wunderbare Keyboardthema in „Favourite Boy“ schon wieder vom Chor unterbrochen bevor es sich richtig entfalten kann. Aber gerade das macht die Stärke der Platte aus, dass sie sich meist dem Vorhersehbren verschließt und die Kanadier es trotzdem schaffern die richtige Abbiegung zu nehmen. So steht man bei „Black Diamond“ oder „Razorblade“ kurz davor in die Kitschfalle zu tappen, doch bevor die Songs zu X-beliebigen Folkpopnummern verkommen, reißen sie den Hörer mit ihrem Wechselgesang davon.
Insgesamt eine gute Platte, auf der vielleicht der herausstechende Hit fehlt, zugunsten aber eines durchlaufenden Hörvergnügens.
VÖ: 1. November 2019, https://www.halfmoonrun.com/
Ohr d’Oeuvre: Razorblade/ Favourite Boy/Natural Disaster
Gesamteindruck: 7 / 10
Tracklist: Then again/ Favourite Boy/ Flesh and Blood/ Natural Disaster/Black Diamond/ Yani’s song/ Razorblade/ Undercurrents/ Jello on my Mind/ New Truth