Eine energiegeladene und zugleich tanzbare Mischung Sozialkritk aus Mailand. UNDER THE RUG von I’m not a Blonde bringt den Dreampop zum Schwingen.
Ach ja, es geht immer so viel vorbei und verloren! Verloren gehen sollte nicht eine Hörprobe von UNDER THE RUG, dem neuen Album von I’m not a Blonde. Der Sound des ersten richtigen Albums des Duos aus Italien nach der EP THE BLONDE ALBUM läßt sich nicht so richtig verorten. Will man tanzbare Sozialkritik üben oder lieber in schwelgerischen Dreampop schweben? Am besten beides. Die Songs können sich zwischen den beiden Polen nicht wirklich entschieden, was das faszinierende ist an UNDER THE RUG. Mit einem teilweise kalt-rationale, feministisch angehauchten Blick, sezieren Chiara Castello und Camilla Matley ihre machohaft-geprägte Umwelt („Latin Boys“), in der Mädels eher Spielzeug denn ernst zunehmende Partnerinnen sind und machen zeitgleich vor ihrer eigenen inneren Zerissenheit („No Drugs“) und ihrem Älterwerden keinen Ausnahme. Die so entstehende Melancholie wird aber immer – bevor es zu innig wird – von gebrochenen Punkgitarren durchbrochen. So erinnern I’m not a Blonde an Post-Punk Band aus den 2000ern wie La Tigre oder den Yeah Yeah Yeahs und zugleich an Bands wie Moloko oder Stereolab mit ihrem starken 80ties Synthesizer Einschlag. Ein Mischung, die einen aufkratzen und zugleich umarmen will, zu gut und vertraut klingen manche der Hooks und Refrains. So stimmt denn das ewige Fazit auch für I’m not a Blonde: Sozialkritik ist immer am schönsten, wenn sie tanzbar ist.
Im Januar, Februar auf Tour in Duitsland
VÖ: 4. Oktober 2019, Backseat, https://www.facebook.com/Imnotablondeband/
Gesamteindruck: 8 / 10
Ohr d’Oeuvre: No Drugs/ Latin Boys/ Not that Girl
Tracklist: No Drugs/Latin Boys/ Happy Face/Too Old/Romantik Girl/Salon/Not That Girl/Me just me, you just you/ Simplicity