Der Auftritt von Sam Fender im nicht ausverkauften, aber gut gefüllten und unfassbar euphorisierten Palladium, war ein Triumph auf allen Ebenen. Aber dazu muss etwas weiter ausgeholt werden.
Nach seinem letzten Köln-Konzert, in der restlos ausverkauften Live Music Hall, welches keine vier Monate zurückliegt, war der Autor dieser Zeilen, trotz erstklassigen Materials, welches Fender in den letzten Jahren (mit dem Erscheinen seines Debütalbums „Hypersonic Missiles“ als Höhepunkt) veröffentlicht hatte, vom Vortrag des Briten und seinem Gefolge nicht wirklich überzeugt. War damals das Spiel der Band noch etwas drucklos und Fender, konfrontiert mit den enthusiastischen Reaktionen auf seine Kunst, fast beschämt und entschuldigend, den Erfolg bagatellisierend, definitiv überfordert – was ja alles auf jeden Fall sehr sympathisch wirkte und zeigte, dass dieser Sam Fender nicht nur ein erstklassiger Songwriter ist, sondern sein Herz auch am rechten Fleck trägt. Das Konzert damals war dennoch, rein technisch betrachtet, defizitär. Das hat sich inzwischen jedoch völlig geändert.
Nachdem das Trio THE PALE WHITE – anscheinend alte Bekannte aus den Teenietagen von Sam Fender – das Publikum im Palladium, mit ordentlicher Rockmusik, ohne Schnörkel, zweite Gitarre und besondere Kennzeichen, auf Betriebstemperatur gebracht hat, entert pünktlich um 21:00 Uhr, unter ohrenbetäubendem Lärm, Sam Fender mit seiner Band die große Bühne des Palladiums. Und sie schmeißen sich mit großer Leidenschaft in eine mitreißende Aufführung des ersten Hits des Abends – in „Will We Talk?“. Und es wird sofort klar: heute wird geerntet. Die Band spielt sehr präzise. Das Klangbild ist es ebenfalls. Und wir hören auch eine treibende Bassgitarre. Das war in der Live Music Hall alles nicht der Fall.
Mit „Millennial“ und „Greasy Spoon“ folgen zwei dramaturgisch clever gewählte Stücke, die den Druck in der Halle ansteigen lassen. Das ruhigere Lied danach – „Hold Out“ – ist neu und doch eins der ältesten, wie Fender erzählt. Für das Debütalbum hat es nicht gereicht. Wahrscheinlich hat das damals ein vermeintlich kompetenter Außenstehender behauptet – vielleicht ein Plattenfirmenheini. Inzwischen entscheidet Fender jedoch selber, was veröffentliche wird. Hah!
“All Is On My Side“ beruhigt ebenfalls noch ein wenig, bevor dann bei „The Borders“, dem allgegenwärtigen und nicht totzuspielenden Überhit des letzten Vierteljahres, tatsächlich das Hallendach (mindestens bis auf die andere Rheinseite) wegfliegt.
Die Qualität der Performance bleibt den ganzen Abend über konstant auf dem hohen Level. Das ist respektabel.
“Hypersonic Missiles“ – Fenders „Born To Run“ – beendet den ersten Teil der atemberaubenden Show. Die folgenden solo vorgetragenen Songs funktionieren auch einwandfrei. Wenn Fender einmal mehr Songs im Gepäck hat, wird er wahrscheinlich eher im Mittelteil, seiner kommenden „drei Stunden Konzerte“, einen Solosong performen. Der Wunsch nach einem Oasis-Song wird heute selbstbewusst und charmant abgelehnt. Und Apropos „Drei Stunden Konzerte“: dem immer schon allgegenwärtigen, aber beim letzten Konzert nicht explizit erwähnten Bruce Springsteen, wird beim finalen Stück, einer soliden Interpretation des bei der Generation Z sehr beliebten „Dancing In The Dark“, erfreulicherweise nicht gehuldigt, sondern man nutzt die Popularität der Nummer für die eigene Strahlkraft. Da kommt noch mehr!