Die Frage danach, welche Band mich in meinem bisherigen Leben wohl am meisten geprägt hat, ist leicht zu beantworten: Nirvana. Auch wenn ich gerade einmal ein halbes Jahr alt war, als Kurt Cobain sich das Leben nahm. Trotzdem gibt es meiner Meinung nach kaum eine andere Band, die nicht nur ihre eigene Generation so nachhaltig geprägt hat, wie Nirvana, sondern auch noch so viele nachfolgende.
Nur um das kurz klarzustellen: ausdrücklich nicht damit gemeint, sind all die Vertreter meiner Generation, die mit Nirvana-Shirts von H&M herumrennen, weil der sogenannte „Rock chic“ ja ach so hip und cool ist. Um es mit Kurt Cobains Worten zu sagen: „He likes to sing along/ […] / but he don’t know what it means“.
Vielmehr meine ich all jene, die wie ich, irgendwann in ihrem Zimmer im Elternhaus sitzend über diese leicht kratzige Stimme gestolpert sind, über dieses durchgeprügelte Schlagzeug, das so sehr an Black Flag erinnert, dazu dann aber diese Gitarrenriffs, manche beinah so eingängig wie ein Song der Beatles, ebenso dynamisch wie ein Pixies-Song und gleichzeitig voll disruptiver Energie, die einen egal wo man sich gerade befindet, das Gefühl vermittelt mitten in einem Mosh-Pit auf einer Hardcore-Punk Show zu stecken. All jene, die durch Nirvana selbst zum ersten Mal ein Instrument in die Hand genommen haben, selber eine Band gegründet haben oder einfach nur erkannt haben: Musik ist das aller großartigste auf dieser Welt.
Mir zumindest hat vor allen Dingen die Musik von Nirvana durch die bisher schwerste Zeit meines Lebens geholfen. Und das ist vielleicht etwas, woran wir uns alle gerade jetzt erinnern sollten: an dieses tröstende Gefühl einer sich sanft knisternd durch die Rillen einer Vinyl-Platte schiebenden Nadel, diese Gewissheit, das die größten Krisen immer schon großartige Kunst hervorgebracht haben, aber auch, was besonders im Kontext von Nirvana deutlich wird: Wir müssen füreinander da sein! Besonders in schwierigen Zeiten. Nicht für alle ist die Soziale Isolation einfach zu ertragen, für einige stellt sie einen Sumpf der Einsamkeit dar, der nur schwer zu durchqueren ist. Doch Musik hat diese wunderbare Eigenschaft, uns wissen zu lassen, dass wir nicht alleine sind.
Für Kurt Cobain wird es vermutlich auch schwer zu ertragen gewesen sein, dass er erst dann, als die Massen ihn für erfolgreich genug erklärt haben, Anerkennung erfahren hat. Aktuell sollten wir in Analogie dazu diejenigen nicht vergessen, die uns in besseren Zeiten, die (Live-)Musik schenken, die wir so sehr lieben: die Künstler selber natürlich, aber auch die Clubs, Konzerthallen, Veranstalter, Plattenläden, Ton- und Lichttechniker, Konzertfotografen, diejenigen, die an den Bars stehen und uns mit Bier versorgen, die Indie-Labels und die (Tour-)Manager. Nichts davon ist selbstverständlich, das wird uns gerade so deutlich wie selten.
Mir haben Nirvana vor ein paar Jahren durch eine harte Zeit geholfen, und das werden sie mit Sicherheit auch in den kommenden Wochen (oder Monaten) an den vielen Abenden zuhause, in dem es Gott sei Dank einen Schallplattenspieler gibt! In diesem Sinne: Bleibt zuhause, hört Musik, und seid füreinander da!