Husten ist die Band oder das Projekt von unserem allerliebsten Herz-Schmerz Barden Gisbert zu Knyphausen, dem Produzenten Moses Schneider und dem dünnen Mann. Ein Stück weit erleben wir einen neuen Gisbert, breitbeiniger und zynischer, wobei das immer noch in die typische Knyphausen Wutskala passt und in etwa dort liegt, wo „Melancholie“ einst lag.
So fängt der Opener „Wohin wir drehen“ direkt mal mit dicken Bläsern an, die man eher Seed zugeordnet hättet. Dazu gesellen sich Lyrics, die ein wenig an den Daddel-Gesang eines Clueso erinnern, ein hektisches Schlagzeug und eingestreute E-Gitarren. Alles weit entfernt von dem sonst eher harmonisch-melancholischen Output des Meisters. Das anschließende „Ich lauf doch schon so schnell ich kann“ und das später folgende „Ab ins Ungewisse“ präsentieren dann wieder den vertrauten Knyphausen Plot, von Menschen, denen das Leben über den Kopf wächst und die sich trotzdem davon nicht unterkriegen lassen. Dabei driftet das ganze wenig in den Swing ab, versucht sich der Sänger als Crooner und auch Autotune-Gepitche findet sich auf der EP. Insgesamt vereinen die fünf Songs viele Experimente, durch welche die Platte angenehm befreiend wirkt, auch wenn nicht jedes davon glückt. So passt der stellenweise hektische Gesang nicht zu Knyphausens‘ Stimme. Der Track „Bad Karma Boy“ ist der heimliche Höhepunkt in welchem das lyrische Ich fragt, wo die anderen ihre gute Laune bloß hernehmen und damit wie die Faust auf das Corona – Auge passt, wo alle zwischen aufgesetzter Schwäbischer Hausfrauenpädagogik und Eckhard von Hirschhausen – Gestus dem allgemeinen Lockdown begegnen. Dem kann man einfach nur mit mieser Laune entgegen treten.
VÖ: 24.04.2020, Kapitaen Platte https://kapitaenplatte.bandcamp.com/album/husten-wohin-wir-drehen
Gesamteindruck: 7/10
Tracklist: Wohin wir drehen/ Ich lauf doch schon so schnell ich kann/ Bad Karma Boy/AB ins Ungewisse/ Das Lehm