Mit BLACKNESS veröffentlichen die Alpentines aus Köln ihr zweites Album. Eine Kopfgeburt, mit viel Herz!
Gibt es eigentlich Untersuchungen zu welchen strukturellen Umwälzungen Radioheads` THE BENDS und KID A im Songwriting und Auftreten der nachfolgenden Generationen von Musiker geführt haben? Zumindest müsste seitdem die Zahl der Bands mit arty Attitüde, atmosphärisch dichten Songs, geprägt von melodischen, aber zurückhaltenden Gitarrenmelodien, die sich nicht entscheiden können, ob sie eskalieren sollen oder nicht, gepaart mit einer verschroben – melancholischen Stimme, ziemlich stark zugenommen haben. Im Fall der Kölner Band Alpentines wirken diese Umwerfungen bis heute nach. Auf ihrer zweiten Platte BLACKNESS hat es die Band es geschafft, diese durchaus angenehm schmeckenden Zutaten mit einer eigenen Note zu verfeinern. Schicht für Schicht werden die Songs zu kosmischen Klanggebilden aufgebaut, die verschroben, als auch poppig sind.
Analog zur musikalischen Verdichtung, ist die Verdichtung zwischenmenschlicher Beziehungen, umgangssprachlich Liebe genannt, der rote Faden der Platte. Textlich nimmt die Band hier nicht den direkten Weg, sondern wählt den Umweg über die Milchstraße. So werden Bilder aus der Astrophysik zur Hilfe genommen, dient das schwarze Loch als höchste Form der Verdichtung und als Sinnbild für die Liebe schlechthin. Das dieser leicht verkopft wirkende Ansatz musikalisch wunderbar funktioniert, beweisen Songs wie „Juner“, „Endure as a exercise“ oder „Low light“ . Gerade die beiden erstgenannten knüpfen an die große britische Songwritingkunst von Bands wie Elbow oder den Doves an. Gerade der ruckelige Anfang von „Juner“ nur mit Orgel und der Stimme von Kay Lehmkuhl ist so ein Stück, welches sich langsam Schicht für Schicht aufbaut und den Hörer hinab zieht durch seine Schwere und Masse. Dagegen besticht „Endure as a Exercise“ durch seine sofort wiedererkennbare Melodie, die man meint schon 1000 mal gehört zu haben meint und die doch sofort ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
BLACKNESS ist ein hoch musikalisches Werk von Überzeugungstätern, die in kosmischen Sphären schweben und doch der Versuchung widerstehen sich dort zu verlieren. Stattdessen beherrschen sie die hohe Kunst mit ihren eigenen Ideen den Hörer mit auf die Reise zu nehmen.
VÖ: 08.05.2020, Unter Schafen Records, https://www.alpentines.de/
Gesamteindruck: 7/10
Ohr d’Oeuvre: Endure as a Excercise/ Juner/ Low Light
Tracklist: Blackness/ Sharks&Pictures/ Rain/ Juner/ Low Light/ And the Night/