Stellt man jetzt – immerhin Ende September – cinephilen Zeitgenossen die Frage nach ihren bisherigen Lieblingsfilmen des Jahres 2020, wird man nicht gerade mit Titeln überschüttet.
Wahrscheinlich wird man, wenn man sich später an die filmischen Erzeugnisse des Coronajahres 2020 zurückerinnert, als erstes an die zaghafte Veröffentlichung des Blockbuster „Tenet“ und kuriose und exotische Streaminghits, wie „Tiger King: Murder, Mayhem and Madness“ und „365 Tage“ denken. Hoffentlich wird 2020 nicht das Jahr des finalen Gnadenstoß des Kinos. Ganz auszuschließen ist es nicht. Man darf aber auch die aktuelle Veröffentlichungsstrategie der amerikanischen Studios nicht überinterpretieren. Dass Disney den aktuellen Blockbuster „Mulan“ nicht wie Warner mit „Tenet“, über eine Kinoauswertung vermarktet, ist zwei Dingen geschuldet. Erstens hat man mit Disney Plus zumindest in den USA bereits ein eigenes reichweitenstarkes Streamingportal und zweitens ist in der Walt Disney Company, mit Sicherheit aufgrund fehlender Einnahmen durch die lange geschlossenen Vergnügungsparks, bereits eine mittelgroße bis schwere Panik gegenüber ihren Aktionären ausgebrochen. Da braucht man vor allem schnellen Cashflow.
Wie kuratiert man in diesen Zeiten ein Filmfestival? Das Filmfestival Cologne ist durch seine Terminierung im Herbst schon immer, den „Filmpreis NRW“ für den besten Beitrag des Wettbewerbs „Made in NRW“ mal ausgenommen, ein „Best of Festival“ der vorangegangenen großen internationalen Filmfestivals gewesen. Von denen sind in diesem Jahr jedoch einige komplett ausgefallen. Ob unter den Filmen, die vom 01. bis 08. Oktober wieder im Filmpalast auf dem Hohenzollernring gezeigt werden, internationale Jahresbestentitel wie „Call Me By Your Name“ oder „Portrait de la jeune fille en feu“ wie in den vergangenen Jahren dabei sein werden, ist abzuwarten.
Die ein oder andere Überraschung wird möglich sein. Ob Thomas Vinterberg mit seinem Eskalationsdrama ein großer Wurf gelungen ist? Die Synopsis von „Druk“ klingt jedenfalls ziemlich interessant. Das dänische Bürgertum experimentiert mit verschiedenen Alkoholdosierungen während der Frei- und Arbeitszeit. Das wird garantiert keine subtile Angelegenheit. Das Imdb-Rating bleibt auch noch eine Woche nach dem dänischen Kinostart konstant bei über 8. Vielleicht wird das ein Lieblingsfilm von 2020?! Der Regisseur und sein Hauptdarsteller Mads Mikkelsen kommen sogar nach Köln.
„Ema“ von Pablo Larraín ist einige Tage vor seinem deutschen Kinostart zu bewundern. Und die neuen Filme von Kelly Reichardt, Alice Winocour, Josephine Decker und Todd Haynes lohnen sich bestimmt auch.
Geehrt werden unter anderem die fantastische Sandra Hüller und der vielleicht beste aktive deutsche Regisseur Dominik Graf. Dass man dessen geflopptes Meisterwerk „Die Sieger“ in der Retrospektive nicht im Filmpalast sondern in der Filmpalette zeigt, ist jedoch unverzeihlich und unentschuldbar.
Das Programm gibt es hier.
Foto: Henrik Ohsten