Der einzige Ort, der 2020 bleibt, ist womöglich die eigene Insel und der Rückzug dorthin. Forkupines‘ ISLANDS sollte als Soundtrack dabei sein! Danach besteht auf jeden Fall die Lust, wieder ans Festland zu kommen.
Der Beginn von ISLANDS lässt an Fjørt denken. Ein Pianothema wiegt den Hörer erst mal in Sicherheit, bevor er mit dem Gitarrenbrett des Openers „Waves“ ordentlich eins über den Schädel gezogen bekommt. Ähnlich geht es mit „Envy“ und „Lie to my face“ weiter, Emo-Rock Nummern mit eingestreuten Heavy Themen und experimentelleren Parts. Forkupines haben ein dunkles und zugleich kraftvolles, modernes Rockalbum geschaffen, was zwischen den Welten Emo Rock a la Being as an Ocean und der etwas härteren Gangart, des oben erwähnten Trios aus der Printenstadt liegt. Ein in sich geschlossenes Album, was über die volle Länge überzeugt und durch seine Ausschläge nach oben begeistert. Dies trifft in erster Line auf das abschließende Stück „Roads“ zu, aber auch auf Songs wie die erwähnte Auskopplung „Waves“, „Got it wrong“ oder „Moving on“. Stücke zwischen hypnotischen Strophen, die sich irgendwo in einer Zwischenwelt aus Gefühlen und Realitäten abspielen und Refrains, die mit ihren Hooks jegliche Parallelwelt zerstückeln. Dabei stehen die oft poppig-hymnischen Refrains im Gegensatz zu den dunklen Inhalten. Diese liegen meist in der bitteren Erkenntnis, in der eigenen Welt stecken geblieben zu sein, während die der Anderen sich weiter zu drehen scheint. Über allem liegt der Wunsch, die eigene Einsamkeit und Depressionen zu überwinden, nicht mehr als Bittsteller aufzutreten und stattdessen irgendwo an einem besseren Ort anzukommen. Beispielgebend ist der Song „Moving on“, bei dem sich textlich die Einsamkeit durch das ganze Stück zieht und dann doch alles in einem poppigen, fast The Movements-artigen Refrain aufgeht, der im Gegensatz zum düsteren Thema den Raum regelrecht erhellt. Der druckvolle Sound, der US-Produktionen keinesfalls hinterherhinkt, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass sich für Mix und das Mastering der frühere Defeater-Sänger Jay Maas verantwortlich zeigt, der bereits Alben von Bands wie Title Fight, Counterparts oder The Story So Far gemacht hat.
Boah, für alle, die mal wieder dickere Gitarren brauchen und trotzdem einer etwas poppigeren Melodie nicht abgeneigt sind, sei ISLANDS mehr als ans Herz gelegt.
VÖ: 23. Oktober 2020, Midsummer Records, https://www.forkupines.de/
Tracklist: Waves/ Envy/ Got it wrong
Ohr d’Oeuvre: Roads/ Got it wrong/ Lie to my face/ Got it wrong/16_20/ Moving on/ Letters/Stronger/ To Death/ Angels Knoll/ Straight/ Roads
Gesamteindruck: 8/10