Der selbsternannte Advokat des Alleinseins Tilmann Rossmy eröffnet mit DA das nächste Kapitel in der unerschütterlichen Geschichte von der Regierung. Kein Sturm und Drang mehr, aber ausgestattet mit einem aufgeräumten Blick nach vorne, geht die Band ihren eigenen, teilweise kauzigen und kompromisslosen Weg weiter.
Um die neue Platte der Regierung und insbesondere die Texte von Tilman Rossmy zu decodieren, sei auf den Podcast Reflektor und die Folge mit dem Sänger der Indie-Institution verwiesen. In dem Gespräch mit Tocotronics‘ Jan Müller gibt Rossmy einen ausführlichen und launigen Überblick über sein Leben, anhand seines musikalischen Schaffens. Dies startete mit der Produktion und Versendung von DIY-Kassetten in den 1980ern bis zu der aktuellen Platte seiner On/ Off – Liebe Die Regierung. Diese Informationen sind wiederum der Schlüssel zu den philosophischen-biographischen Texten auf DA. Unter anderem erklärt Rossmy ausführlicher seine jetzt erst gemachte Erkenntnis, dass sein jahrelanges Streben nach Liebe vergebens war, da er selbst die Liebe ist. Auf diese jahrzehntelange, vergebliche Suche spielt der Opener „Der Witz ist“ an. Zum Glück kam ihm diese Erkenntnis erst sehr spät, sonst wären vermutlich viele großartige Lieder der Regierung nie entstanden.
Das ich gut bin, so wie ich bin!
Im weiteren Verlauf von DA setzt er sich mit dem Tod und den restlichen Jahren auseinander, die ihm noch bleiben. Allerdings mündet das nie in selbstmitleidigem Jammern, sondern ist eher ein Bilanzziehen mit viel Augenzwinkern(„Jetzt was?“/ „Lass die Gans raus“), welches mit dem Fazit endet, meist nicht ganz falsch gelegen zu haben und das es ganz in Ordnung ist, so wie man ist. Das verdeutlicht der Höhenpunkt der Platte „Du und ohne Dich“, ein beschwingter Indiepop-Kracher mit allerlei Synthie-Streichern, der beinahe zum tanzen einlädt und Rossmy ganz aufgeräumt in Bezug auf sich selbst zeigt.
Das er ganz ohne die Liebe nicht kann, verdeutlicht die Auskoppelung „Tiefe, tiefe Liebe“. Vor einem bedrohlichem Synthie-Sound, gibt der Held wieder nach und springt in den Abgrund, den eine Liebesbeziehung bedeuten kann. Sowieso ist der musikalische Mix von DA ein wunderbarer Misch-Masch aus eigentümlichen Synthie-Sounds, den Regierungstypischen Garagenriffs, Krautrock und einigen Dub-Anleihen, was so verspielt klingt als habe die Band sich gerade erst wieder gefunden. Das klingt vielfältiger als die letzten beiden Alben der aktuellen Comeback-Phase der Band – WAS und RAUS. Das mit den Synthies überrascht eigentlich auch nicht, führt Rossmy in der Reflektor -Sendung doch aus, dass er am Anfang seines musikalischen Schaffens lieber auf die Tasten denn auf die Gitarrenseiten setzte.
DA ist der richtige Mittelweg zwischen Selbstreflexion und Loslassen von der Vergangenheit
VÖ: 05.02.2021, Staatsakt/ Bertus/ Zebrulation, Die Regierung
Tracklist: Der Witz ist/ Alles Lüge, alle gut/ Jetzt was?/ Weil morgen niemals niemand kommt/ Mit Dir und ohne Dich/ Wer bin ich/ Lass die Gans raus/ Tiefe, tiefe Liebe/ Der Pfad/ Geliebte Stille
Gesamteindruck: 7/10