Ach Skandinavien – Sehnsuchtsteilkontinent für alle Popliebhaber, egal ob mit Discoschuhen oder Holzfällerhemd. Nein, mal nicht aus Schweden, sondern aus Finnland kommt die melancholisch-schöne Gitarrenpopplatte PICTURE OF A GOOD LIFE von der Band NEØV.
Das vierte Album der Band um das Brüderpaar Anssi und Samuli Neuvonen ist eines dieser lakonischen Pop-Alben, die keine großen Gefühlausbrüche benötigen um zu überzeugen, sondern den Hörer durch die endlose Schönheit ihrer Melodien abholen. Bands wie Eskobar, Team Me oder Efterklang haben das in der Vergangenheit schon vorgemacht und auch NEØV schaffen diese weiten Soundlandschaften, in denen man sich einkuscheln will. Die Gitarren rücken dabei im Gegensatz zu ihrem letzten Album VOLANT , was ihnen auch in Deutschland größere Präsenz eingebracht hat, in den Vordergrund. So interpretieren sie den Wave – lastigen Indie-Pop britischer Bands mit einer erdigen und stoischen Note.
Direkt der siebenminütige Opener „Marathon“ führt die Mischung aus Lakonie und Melodie zu einem ersten Höhepunkt. So wird das lang gezogene, gezupfte Intro von einem krachigen Gitarrenthema zerschreddert, um im Folgenden beides zu einer wohltemperierten Krachorgie zu kombinieren, wie sie auch Shame gut zu Gesicht stünde. Allerdings verlieren die Finnen dabei nie die Contenance. Ähnliches wiederholt sich in dem Breitbeinrocker „Islands“ und in „Burnt my Fingers“, während sich dann eine wavigere und poppigere Note in das Album einschleicht. Sei es in der Smiths- Reminiszenz „I was going to let you know me“, in welchem die Hall-Effekte Johnny Marr zumindest eine kurze Gesichtsregung abringen könnte, die entfernt an ein Lächeln erinnerte. Der Höhepunkt wird anschließend dann in „The Loners“ erreicht mit seinem Piano-Intro und seiner rhythmischen Schrammelstrophe, die Bryan Devendorf von The National zumindest ein kurzes Lächeln auf die stoischen Gesichtszüge zaubert. So ist PICTURE OF A GOOD LIFE ein schwelgerisches, erwachsenes Pop-Album, was sich an den besten Zutaten der letzten 40 Jahre Gitarrenpopmusik bedient und diese zu einer dieser Platten zusammensetzt, die einen im Hinterkopf immer begleiten wird und über deren Wiederentdeckung in den Untiefen der eigenen Songssammlung sich immer neue Freude einstellen wird.
VÖ: 15.01.2021, Clouds Hill, http://http/neov.cloudshill.com
Tracklist: Marathon/ Islands/ Burnt my fingers/ I was going to let you know me/ Wild Birds/ Loners/ Mirrors/ Patchwork/ Picture of a good life
Gesamteindruck: 7,0/10
Ohr d’Oeuvre: Loners, I was going to let you know me