Mit OKAY liefern die Great Escapes einen weiteren Highlight Emo-Punk aus dem Münsterland. Die Stadt wird immer unheimlicher.
Vor Jahren spielten die Great Escapes im Äther und sofort war da trotz erstmaligen Kontakt diese Vertrautheit in der Musik. Eine Mischung zwischen straightem, melodischen Punk und rauerem Emo-Rock mit viel Herzblut. Nur halt nicht Mid-West oder Gainsville, sondern aus dem Münsterland, dem – wie schon mehrfach propangiert – Punk- und Emo-El Dorado Deutschlands. Dies führte dazu, dass die Band direkt mal ins Herz geschlossen wurde. Auf ihrem zweiten Langspieler OKAY, erweitert das Trio seinen Sound um eine leicht wavige Note, der ab und zu an das Alkaline Trio („Autumn and Atoms“ und „Ashes“) erinnert. Dabei findet die Band trotz der Adaptionen bekannter Genregrößen, seinen eigenen Weg aus Dynamik und Melodie, den sie auf OKAY teilweise zur bandeigenen Meisterschaft treiben.
And tell me what a shame is this, That you’ve never gone too far, never crossed a thing off any list?
Dazu tricksen die Dialektiker aus dem Münsterland den Hörer ein wenig aus. Verknüpfen sie doch eher hymnische und teilweise schöne Melodien mit eher nachdenklichen Texten. In „Phopophobie“ wird dies soweit getrieben, dass der Song auch Blink 182 ganz gut zu Gesicht gestanden hätte. Ein Gegensatz, der den Songs eine knallige und zugleich nachdenkliche Note verleiht oder um es verkürzt zu sagen, die Songs einfach zu Hits macht. Der Opener „Tyche“ oder auch die kraftvollen Emo-Rocker „Retry“ und „Hope and Harbour“ sind so Songs, deren Refrains tagelang ein Grinsen auf die Lippen zaubern und die sich zugleich mit dieser Lücke zwischen der allgemein-propangierten Happiness und Selbstoptimierung sowie der eigenen Ratlosigkeit auseinandersetzen. Ein Konflikt, der wohl jeden gerade beschäftigt und die Great Escapes liefern den Emo-Soundtrack dazu. Die Angst, der Sinn und der Schlag ins Gesicht sind immer wieder kehrende Schlüsselbegriffe und -bilder. Sei es in „Ashes“ einem Abgesang auf die scheinbare Sicherheit, in der man sich eingerichtet hat oder in „Spring Fake“, welcher von der Melancholie handelt, die eine immer wieder einholt. Und das Schöne an den Songs ist, dass sie nie ihre Dynamik verlieren und zugleich eine dunkle Note beinhalten, die einem immer wieder klar macht, dass der ganze schöne Schein schnell zu Ende sein kann. Verbunden wird dies mit einem Appell an sich selbst, sich nicht dem allgemeinen Trott hinzugeben, sondern über den Tellerrand zu schauen.
VÖ: 19.März 2021 – Midsummer Records – https://www.facebook.com/greatescapesband
Tracklist: Tyler/ Ashes/ Spring Fake/ A Daily Death/ Retry/ Hope and Harbour/ You Are Welcome (ft. Benjamin Mirtschin/City Light Thief)/ Phobophobie/ Autumns and Atoms/ Are You Okay?
Unsere Wertung:
Ohr d’Oeuvre: Hope and Harbour/ You Are Welcome (ft. Benjamin Mirtschin/City Light Thief)/ Spring Fake
Gesamteindruck: 7/10