Einen begeisternden Ritt zwischen fieberhaftem Krautrock, begeisternden Melodien und großartigem Songwriting bietet HIGH TIMES IN BABYLON, die erste Platte des neuen Projekts Freindz von Stehaufmännchen Aydo Abay und seinen kongenialen Mitstreitern.
Es gibt so Musikmomente, die einen kurz wegheben aus dem Alltag und der Realität und dem mit ihr verbundenen Rattenschwanz. Wenn in „King of Hopper“ die Bläser einsetzen ist so ein Moment. Wenn im Titelsong bei Minute 2:50 die Streichersätze starten und danach die Hörer:innen für den restlichen Tag nicht mehr loslassen wollen, ist so ein anderer Moment. Oder wenn in „Prepper Spray“ die Orgeln sich überschlagen, ist so ein weiterer Moment. Große Momente, mal hypnotisch-psychedelische, mal poppig, von denen HIGH TIMES IN BABYLON geradezu überzuschäumen droht. Hymnische Melodien in Songs, die sich Schicht um Schicht aufbauen, die den Hörer weg- und raustragen aus dem ganzen Realitätschaos. Und doch wirkt alles geschlossen, die Schichten greifen so unaufgeregt ineinander, dass sie wahre Glücksgefühle vermitteln, ohne dass die Pathos – Keule geschwungen werden muss. Vielmehr zeigt sich die ganze Größe des Songwritingkönnens und die Detailverliebtheit von Freindz in diesem nicht enden wollenden Endophin-Ausstoss. Eine Platte wie ein wilder Ritt durch das ganz große Popsortiment, von Beatles bis Kraut-Rock, von Britpop bis Balkan Beats und alles vermengt zu einem harmonischen Trip, der die Hörer:innen wegflattern lässt für die gesamte Spielzeit. Ausufernd, krautig wird es im Titelstück und dem Abschlussstück „Reptile For the Faint“. Komprimiert, großartig – poppig dagegen in den kurzweiligen Songs wie „Prepper Spray“ und „Wish I was made in England“, dem nicht nur wegen dem Titel etwas Beatleshaftes anhängt. Zusammengehalten wird der ganze Laden, durch die meist bedrohlich-ruhige Stimme von Abay, die ein wenig das Auge des Hurrikans zu bilden scheint. Während alles umherfliegt, wird dort die Ruhe bewahrt.
Freindz sind neben Aydo Abay, eine dieser Stimmen, die sich eingebrannt haben ins Gedächtnis und die wie gesagt intensiv und trotzdem nahezu unaufgeregt durch den Vortrag führt, Matthias Sänger von Albert Luxus und Thomas Götz von den Beatsteaks. Eigentlich waren Freindz nur ein Zufallsprodukt, weil Matthias Sänger nicht bei Abay einsteigen wollte. Sollten Zufälle immer diese glückliche Wendung nehmen, würde das Leben wohl in Zukunft ein einzig wahrer Sommertraum werden.
VÖ: 23.07.2021/ IME Records
Tracklist: Prepper Spray/ LIT/ Wish I was made in England/ Dopine/ High Times in Babylon/ Clickbait Heart/ Panasonic Rolemodel/ King of the Hopper/ Demon Lol/ A Reptile for the Faint
Ohr d’Oeuvre:King of the Hopper/ LIT High Times in Babylon
Unsere Wertung: 9/10