Was macht eigentlich Matthias Sänger, wenn er mal nicht an großartigen Albert Luxus – Songs arbeitet? Scheinbar an ziemlich guten Seitenprojekten arbeiten. Im Sommer kam die Freindz -Platte heraus, an welcher der Albert Luxus Sänger maßgeblich beteiligt war, nun das das neue Album YIN YIN. Da müssen wir uns, die wir schon froh sind den Abfall runter gebracht zu haben, mal kurz schämen.
Kann Gott gegen Tinder gewinnen oder ist das letztendlich egal, denn jeder hat eh heute in seinem Hedonismus seine eigenen Götter. Und auch wenn wir mal hochgeflogen wird, heißt doch noch lange nicht, dass wir über Wasser gehen können, wichtig ist am Ende wieder zusammen zu finden. „Gott vs. Tinder“ bringt mit seiner lakonisch-sehnsuchtsvollen Haltung musikalisch wie textlich YIN YIN das neue Albert Luxus – Album gut auf den Punkt. Es knüpft da an, wo der wunderbare Erstling DIEBE aufgehört hat. Ein flirrender Indiepop mit leicht nostalgischer Note, bei welcher nicht ganze entschieden ist, ob sie aus einer gewissen Resignation entspringt und eher aus so einer leicht dandyhaften Haltung, ein wenig spöttisch und kopfschüttelnd auf den rastlosen Drang um sich herum zu schauen. Obwohl das Lied auch für sich stehen könnte, funktioniert es im Albumkontext noch wesentlich besser. Ähnlich geht es mit den weiteren Vorabauskopplungen, dem fiebrigen „Einsame Hornissen“ und dem lakonischen „Zeitzonen“. In diesem fragt der Sänger, warum sein Freund/ Freundin unbedingt in die weite Welt ziehen muss, wo es die gleichen Katastrophen auch zu Hause gibt. Kann man Biedermeier nennen oder ähnlich wie bei der Gott-Problematik, ist eh auch egal, wo man gerade ist. Nur werden auch wieder hier die Arme aufgehalten für die weit entfernte Person, fragt man sich doch, ob sie dort, wo immer sie auch ist, es warm hat oder nicht.
Die Musik aalt sich geradezu in einem rhythmischen Indiepop, der durchdacht arrangiert ist mit Streicher und darunter liegenden Synthie-Teppichen und Orgeleinsprengslern. Insgesamt bleibt das Tempo wesentlich gehaltvoller als auf DIEBE, aber die Songs triefen geradezu vor Liebe und Detailverliebtheit, ohne sich darin zu verlieren. Stücke wie der Opener „Yin Yin“, „Vodoo“ oder „SUV“ gehen in ihrer 70er Jahre Kammerpopigkeit über die schnöden Indie – Popansatz hinaus und ständen auch Band wie Broadcast gut. Ein insgesamt zeitloser Ansatz, der seine Nische gefunden hat und vermutlich ein großes, ein ganz großes Orchester verdient hätte.
VÖ: 26.11.2021/ Backseat Records, https://backseat-pr.de/artists/albert-luxus
Tracklist: YinYin/ Gott vs Tinder/ Zeitzonen/ Himalaya/ SUV/ Ein Glas aus Sympathie/ Voodoo/ Sibirisches Eis/ Einsame Hornissen/ Lebewohl/ Early Grey
Unsere Wertung: 8/10