Mit „Guten Morgen“ hat das neunte* reguläre ERDMÖBEL Album den bisher stärksten Opener der gesamten Diskographie. Nach der akustischen Rhythmusgitarre und den Trademark-Bläsern setzt ein treibender, pumpender Dub-Reggae Basslauf ein. Schließlich folgt im letzten Drittel ein Gitarrensolo, das deuliche Noiserock-Anleihen besitzt. Wie bitte? Ja, genau.
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass es eine neue ERDMÖBEL Platte nochmal schaffen könnte, mich in Aufregung zu versetzen. Fühlte sich gerade das letzte Werk „Hinweise zum Gebrauch“ doch – vorsichtig ausgedrückt – etwas zu routiniert an. Gut ist auch, dass diesmal auf Nervenproben, wie die annähernd zehn Minuten lange Exzentrität „Tutorial“, verzichtet wurden. Die Fans von „speziellen“ ERDMÖBEL Songs müssen aber keinesfalls in die Röhre gucken. Mit „Supermond“ ist auch ein anständig bescheuertes Lied auf der Platte vorhanden.
Und es gibt noch weitere Konstanten auf „Guten Morgen, Ragazzi“. Auf das Butterbrot-Papier aus „Das Leben ist schön“ folgt diesmal ein eigener Song über eine „Rosa Plastiktüte“. Überhaupt die Texte von Markus Berges: Mit „Das Vakuum“ ist ihm der bisher anrührendste Text, in einem nicht gerade an anrührenden Stücken armen Werk, der Bandgeschichte gelungen. Vielleicht ist „Das Vakuum“ sogar das schönste Lied, das Berges jemals geschrieben hat.
Mit „Guten Morgen, Ragazzi“ hat Produzent und Bassist Ekki Maas eine neue Dringlichkeit in den Arrangements entwickelt, und den Bandsound subtil aber unüberhörbar weiterentwickelt. Bisher eine der besten Platten von 2022.
VÖ: 20.05.2022, jippie! industrie, Rough Trade www.instagram.com/erdmoebel
Tracklist: Guten Morgen/ Bernoulli-Effekt/ Felicita/ Das Vakuum/ Palindrom/ Supermond/ Wir sind nicht das Volk (Lass sie rein)/ Das Mädchen auf den Stufen/ Beherbergungsverbot/ Rosa Plastiktüte
Unsere Wertung: 9/10
Foto: Ekkimaas
*nach unserer kompetenten und kritischen Zählweise
** ab jetzt annektieren wir ERDMÖBEL für immer als Kölner Band, Sorry Münster