Wenn Eric Pfeil nicht gerade neue Musik aufnimmt, eine sehr lustige Kolumne (Pop-Tagebuch) für den Rolling Stone schreibt oder mit seinen Freund:innen LSD nimmt und dabei seltsame Platten hört, befindet er sich in Italien. Immer und genauso ist es. Jetzt hat er seine Haupt-Leidenschaft in ein Buch gepackt und den sehr kurzweiligen musikalischen Reiseführer „Azzuro“, über das Land in dem Zitronen blühen, bei Kiepenheuer & Witsch veröffentlicht. 100 Italo-Popsongs hat Pfeil dafür zusammengestellt.
Beim Lesen merkt man schnell, dass der Dreh- und Angelpunkt des italienischen Pop, das Sanremo-Festival in der gleichnamigen ligurischen Stadt ist. Hier wechseln sich seit der Premiere im Jahr 1951, die größten Humoresken und Tragödien ab, die man sich so nur in Italien vorstellen kann. Die tragischste Geschichte, die das Buch thematisiert, ist sicherlich der Selbstmord von Luigi Tenco; der sich während des laufenden Wettbewerbs, nachdem sich sein Beitrag nicht für das Finale qualifizieren konnte, in seinem Hotelzimmer eine Kugel in den Kopf schoss.
Nebenbei hat Pfeil auch einige echte Entdeckungen zu bieten. Zur Seelenbildung empfiehlt er zum Beispiel die Sangeskunst des Eduardo De Crescenzo. Diese Methode ist wahrscheinlich nur für Teile der Leserschaft anwendbar. Neben den exotischeren Ausbildungen kommen selbstverständlich auch die großen Künstler:innen des Italo-Pop, wenn es für Pfeil angemessen scheint, sogar mehrmals im Buch vor.
Am meisten gespannt war der Autor dieser Zeilen, ob Pfeil in seinem Buch auch die beiden besten Lieder aller Zeiten (die zufälligerweise oder eben gerade nicht zufälligerweise aus Italien kommen) behandelt hat. Und was soll ich sagen: Er hat! Beim ersten Lied geht es zwar nur um die Adaption, über die der Urheber Gino Paoli (wir wir ebenfalls im Buch erfahren) gesagt hat, Mina „sänge sein Stück, als trüge sie das Telefonbuch vor“. Paoli bekommt aber zugleich ein eigenes Kapitel, über sein ebenfalls fantastisches Stück „Sapore di sale“ (Arrangement von Ennio Morricone). Beim zweiten Lied war es noch spannender, ob es denn vorkommt, da es englischsprachig ist. Und wirklich, das allerbeste Lied aller Zeiten ist dabei. Und da wir uns so über das Buch gefreut haben, gibt es jetzt von uns nicht nur den dringenden Rat das Buch schleunigst käuflich zu erwerben. Wir haben zusätzlich eine Playlist, mit den Tracks aus dem Buch und über 50 weiteren Empfehlungen von JMC zusammengestellt. Divertiti!
Das Buch gibt es hier.
Foto: Alfred Jansen