Auf der hinter der Band (bestehend aus Kim Gordon, Sarah Register an der Gitarre, Camilla Charlesworth am Bass und Schlagzeugerin Madison Vogt) platzierten Videoleinwand, ziehen Landschaften und Städteansichten vorbei, die aus einem fahrenden Fahrzeug aufgenommen worden. Nicht nur der Titel des Solodebüts „No Home Record“ von Kim Gordon nimmt Bezug auf den letzten Film „No Home Movie“ von Chantal Akerman, den diese wenige Monate vor ihrem Suizid in Paris im Jahr 2015 veröffentlichte.
Der Film besteht aus Gesprächen mit ihrer Mutter, die im Jahr 2014 verstarb. Im Anfangs- und im Mittelteil gibt es eine längere Sequenz, mit ebenfalls aus einem Auto aufgenommenen Landschaftsaufnahmen. Im Fall von Akerman sind es Aufnahmen von Israel und von Wüstenlandschaften. Gordons Film beginnt wahrscheinlich an der Westküste der USA und nähert sich im Laufe des Konzertes der Ostküste, bevor der Film synchron mit dem letzten Stück der Show „Grass Jeans“ endet, den Gordon dem „amerikanischen Demokratie-Experiment“ widmet. In den letzten Momenten des Films werden die Bilder der verschiedenen amerikanischen Landschaften übereinander gelegt. Während der „Fahrt“ verlässt die Kamera auch immer wieder die Fahrzeug-Perspektive. Außerdem sieht man einen abstrakt animierten Eierstock, der mehrmals in den Landschaften und Städten auftaucht.
Die Maschinenmusik, der von Justin Raisen produzierten Platte, den Gordon vor der Zusammenarbeit in einem Airbnb getroffen hatte, fällt im Konzert etwas organischer aus. Von Gordons Entscheidung, den teilweise harten metallischen Sound des Albums, mit Hilfe der genannten Musikerinnen, in ein klassisches Rockband-Setting zu übertragen, profitiert die Liveversion von „No Home Record“ sehr. Das gesamte Album wird im traurigerweise nicht mal halb gefüllten Gloria gespielt. Die Chronologie der Platte wird gegen Ende in der Show geändert. Als erste Zugabe spielen Gordon und ihre Band den Track „Hungry Baby“, den wahrscheinlich formal konventionellsten Rocksong des Albums. Dieser wird aus der Perspektive eines männlichen und ziemlich (not-)geilen Musikers gesungen; und ist vielleicht als Update zu „Swimsuit Issue“ aus dem 1992er SONIC YOUTH Album „Dirty“ zu lesen. Die Show von Gordon lässt sich auf unterschiedliche Weise interpretieren. Jedenfalls ist ihre Kunst meilenweit vom eher kunsthandwerklichen Ansatz der ehemaligen Gefährten Ranaldo und Moore entfernt. Mit Sicherheit eins der interessantesten Konzerte der letzten Zeit.
Ferner möchten wir ausdrücklich die Beschäftigung mit dem Supportingact PRETTY HAPPY empfehlen. Hoffentlich embarmt sich jemand (Popanz?) und lädt die Truppe zu einer Soloshow.