Michael Alden Hadreas Entscheidung, sich nach der Hauptfigur aus Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ zu benennen, ist als Koketterie mit einer möglicherweise vorhandenen eigenen Gefährlichkeit und als Hinweis auf charakterliche Ambivalenzen deutbar. Süskinds Protagonist Jean-Baptiste Grenouille gelingt es kurz vor seinem eigenen Ende, auf dem Höhepunkt seiner Parfum-Kreationskunst (aber auch seines Mordens), mit der Freigabe seines Meisterperfums, alle damit Konfrontierten ihm völlig hörig zu machen; letztendlich sogar ein Bacchanal auszulösen. Methaphosiert auf einen (Pop-)Musiker, muss diese Leistung das Maximum einer Konzertsituation darstellen. Okay, ein bodenständiger Indierocker wie Marcus Wiebusch mag anderweitige Ambitionen verfolgen.
Ob sich am Ende der Show von PERFUME GENIUS alle Zuhörer:innen gemeinsam auf dem Boden der Kulturkirche wälzen, bleibt abzuwarten. Und auch wenn ein kathartischer Kontrollverlust ausbleiben sollte, dürfte die Essenz der bisher sechs veröffentlichten PERFUME GENIUS Platten immerhin für einen schönen Konzertabend sorgen.
Die Entwicklung von PERFUME GENIUS beinhaltet Ausflüge in die Genre Baroque- und Chamber Pop, Indie- und Glamrock. Das letzte Album „Ugly Season“ – veröffentlicht im Juni (wie immer auf Matador) – wurde als musikalische Begleitung für das Tanzstück „The Sun Still Burns Here“ von Kate Wallich komponiert. Die Kollaboration mit der New Yorker Rockband YEAH YEAH YEAHS „Spitting Off the Edge of the World“, sollte als Beschallung für den Höhepunkt einer Orgie mehr als funktionieren. Sicherlich bisher eins der besten Stücke des Jahres.
Seine Kunst erneut in einer kühlen Kirche vorzutragen, könnte bei den eventuell zu erwartenden Publikumsreaktionen, jedenfalls eine sehr weise Entscheidung sein.
Foto: Goodlive Artists