Eine Sache direkt vorneweg: „V“- das fünfte Studioalbum des UNKNOWN MORTAL ORCHESTRAs – ist leider auch diesmal nicht so ein großer Wurf geworden, wie ihr 2015er Überalbum „Multi-Love“. Aber das hat wohl weiß Gott niemand erwartet. Das polyamoröse Meisterwerk gehört immerhin allbekannt zu den besten Alben der letzten Dekade.
Bei „V“ handelt es sich um die erste Doppel-LP der Aucklander / Portlander Lo-Fi Psychedeliker um Bandchef Ruban Nielson. Die Safe-Space Hymne „The Garden“ eröffnet den einstündigen Reigen. Zwar soll laut Pressetext das Pendel diesmal angeblich deutlicher den je Richtung Westcoast-, bzw. Yacht Rock ausschlagen. Das Stück „Weekend Run“, welches am stärkesten in dem Genre verankert ist, gerät jedenfalls direkt zum nervigsten Stück (mit seiner bescheuerten Wochentag-Aufzählung) auf der Platte. Eigentlich bleibt aber alles beim Alten. UNKNOWN MORTAL ORCHESTRA spielen immer noch die RICHTIGE MUSIK.
Einen Song wie „Nadja“ hätten wahrscheinlich die BEATLES auf ihrem „White Album“ veröffentlicht, wenn sie sich nicht 1960, sondern 2010 gegründet hätten. Nielsons Gesang erinnert hier tatsächlich ein wenig an McCartney auf dem Höhepunkt seiner WINGS-Phase.
Bei allem Quatsch, wie dem bereits erwähntem „Weekend Run“und fragmentarischem Überschuss („I Killed Capain Cook“), für dessen Verbleib auf dem nun veröffentlichten Album Ruban Nielson bestimmt (gute) Gründe hat, fallen doch wieder zwei Dinge auf: KEINER schreibt schönere Harmonien als der 43-jährige. Und esktatischere Gitarrensoli findet man im zeitgenössischen Rock faktisch nirgendwo. Sorry, Big Thief! Und selbst wenn der ganzen Unternehmung immer noch eine Lo-Fi Etikettierung verpasst wird: neben den leichten, absichtlichen Übersteuerungen und der vermeintlich günstigen Produktion, entdeckt man im Hintergrund immer wieder kleine Effekte, liebevolle Details. Das ist schon sehr sehr ausgetüftelt. Soll aber erstmal keine / keiner merken! Das mag Ruban anscheinend sehr. In der Konzertsituation irritiert er ja ebenfalls gerne mit einer ordentlichen Noise-Bank, die im Publikum die Spreu vom Weizen trennen soll? Oder was mag die Absicht sein?
Ob sich UNKNOWN MORTAL ORCHESTRA mit dieser „Strategie“, diesen doch ziemlich undisziplinierten, ausufernden und verworrenden Veröffentlichungen selber im Weg stehen, bleibt schwer zu beantworten? Darüber kann man bei drei Konzertterminen in Deutschland im Juni nochmal in Ruhe nachdenken.
VÖ: 17.03.2023, Jagjaguwar, Cargo Records, www.jagjaguwar.com, www.cargo-records.de
Tracklist: The Garden/ Guilty Pleasures/ Meshuggah/ The Widow/ In The Rear View/ That Life/ Layla/ Shin Ramyun/ The Beach/ Nadja/ Keaukaha / I Killed Captain Cook/ Drag
Ohr d’Oeuvre: Meshuggah/ The Widow/ That Life/ Layla/ Shin Ramyun/ Nadja
Unsere Wertung: 8/10