Die Bearbeitung des SIMON & GARFUNKEL Klassikers „El Condor Pasa“ gerät einem Freund zu „Roncalliplatz-mäßig“. Mir selber gefällt nicht nur das Cover in der Setlist der Tucson-Buddies von XIXA, die heute Abend zu zweit das Vorprogramm für Giant Sand bestreiten. Brian Lopez und Gabriel Sullivan werden sich später am Abend auch noch zur Main Attraction dazugesellen. Ihre bekanntesten Tracks „Vampiro“ und „Cumbia del Paletero“ können sich auf jeden Fall auch hören lassen. Ihre Picking-Technik mit deutlichem Mariachi-Style Einschlag, ist über jegliche Zweifel erhaben. Definitiv ein sehr kurzweiliges und ein sehr schönes Supporting-Set. Das erlebt man ja eher selten.
Den US-Songwriter, Sänger und Gitarrist Howe Gelb als Gründervater des Indie-Rocks zu bezeichnen, ist sicherlich keine Übertreibung. Eigentlich hat er im Jahr 2016 seine Band GIANT SAND auflösen wollen, aber besonders lange hielt dieser Entschluss nicht an. Stattdessen folgte 2018 das epische GIANT GIANT SAND Album „Returns To Valley Of Rain“. 2018 stellte er dann fest, dass er seine 1986er Platte „Ballad of a Thin Line Man“ ziemlich grässlich finden würde und nahm diese prompt neu auf. Mit Giant Sand und seinen Soloarbeiten kommt Gelb auf über 50 (!) veröffentlichte Alben; fast alle auf gleichbleibend hohem Niveau.
Dass sein teilweise spontan improvisiert wirkender Gitarrenrock nicht in die großen Hallen passt, die ehemalige Mitstreiter wie CALEXICOs John Convertino seit Jahren fest im Griff haben, sagt auf jeden Fall weniger über die Qualitäten von Howe Gelb, als über die der Konzertbesucher aus.
Kurz nach „Moon over Memphis“ bemerkt Gelb in seinem launigen Set „we had enough smoke“, und bittet um das Abstellen der Nebelmaschine (Anna B Savage wird 24 Stunden später ebenfalls den Nebel abstellen lassen – gar ein neuer Trend?). An dieser Stelle erinnert er (sich) daran, dass früher auf Konzerten viel geraucht wurde. Sein Schlagzeuger Tom Larkins feiert auf der aktuellen Tournee das Ende seines 30-jährigen Sabbaticals. Gelb meint – so habe ich es zumindest verstanden – dass er Larkin 1986 bei einem Konzert im sich damals auf der anderen Straßenseite befindenden Rose Club dabei hatte. Am 29. Januar 1992 haben GIANT SAND tatsächlich dort gespielt.
Giant Sand treten heute zu dritt auf. Bassist Nick Augustine spielt sehr präzise und hält den Laden zusammen. Gelb haut auch schon mal (absichtlich?) daneben. Es sitzt auch nicht jeder Takt, aber um Perfektion geht es hier auch nicht. Es wird viel improvisiert und es klingt oft einfach wunderbar. Gelbs Tochter Talula rührt mit ihrer Stimme am Ende die überschaubare Zuhörerschaft und macht aus Velvet Undergrounds „Femme Fatale“ einen großen Moment. Das Konzert hätte ruhig noch einige Stunde andauern können.
Foto: Kajo Strauch