Machen wir uns nichts vor: Ohne das ganze Gedöns, der Maske, den Doppeldeutigkeiten, den Undeutlichkeiten, den Artikeln in der New York Times und in der Frankfurter Sonntagszeitung, dem Auftritt im Berghain, also den typischen Zutaten für Warhols 5 Minuten, würde an dieser Stelle wahrscheinlich wieder ein Text, über 13-jährige Halbstarke, die in England eine Band gegründet haben, stehen. Keine Sorge, an der Kritik vom DEADLETTER Konzert arbeiten wir schon.
Aber da wir große Fans von Italo-Pop und Pferdebetäubungsmittel sind, besuchen wir am Mittwoch das Clubkonzert von M¥SS KETA. Die Sängerin stammt aus Mailand, und ist sicherlich nicht der wahrgewordene Traum eines John Waters. Wenn man ihrer Figur mit einer cinephilen Methapher, Pardon, Metapher nahe kommen will, dann passt KETA definitiv besser zu Quentin Dupieux. Den konnte die New York Times aber nicht droppen, da „The Artist Formerly Known as Mr Oizo“, wahrscheinlich in den USA nicht besonders bekannt ist. Man könnte sie sich aber auch allzu gut, in Paolo Sorrentinos „La Grande Bellezza“ vorstellen. Als eine der schrägen Figuren, auf die der Protagonist Jep Gambardella bei seinen desillusionierten Streifzügen durch die römische Kunstszene trifft. Okay, KETAs Spielwiese war Mailand. Ein wenig erinnert sie auch an das Filmplakat des skandinavischen Films „Sick of Myself“. Vielleicht ist das die private M¥SS KETA.
Die Bandbreite ihrer Musik ist überschaubar. Von stumpfem Trap des, auf dem eigenen Label oder Ausgangspunkt „Motel Forlanini“ veröffentlichten, Debüt-Mixtapes „L’Angelo Dall’Occhiale Da Sera: Col Cuore In Gola“ – was übersetzt in etwa irgendwas mit „Sunglasses at night & Herzen in der Kehle“ bedeutet – bis zu etwas üppigeren Produktionen für Universal Italy. Die Musik ist jedenfalls blöd genug, dass man mit Sicherheit einen wilden „Konzert“abend erleben kann.
Ganz so blöd ist das Werk von M¥SS KETA, dann auf den zweiten Blick natürlich nicht. Ihre Samples sind ziemlich breit aufgestellt und Teile davon, könnten durchaus im zweiten Teil, von Eric Pfeils Azzurro-Zyklus auftauchen. Ihr vermeintlich wildes Abfeiern eines hedonistischen Lifestyles, oder mit man im Rheinland sagt: „Suffe, Poppe, Kaate kloppe“, ist wahrscheinlich eher kritisierend gemeint. Ganz bestimmt!
Wir haben unseren Leserinnen und Lesern exklusiv – für die, die es hierhin geschafft haben (Hallo!) – eine Playlist mit Samples, die M¥SS KETA in ihren Songs verwendet, zusammengestellt. Dabei aufgefallen ist, wie viele Celentano Songs nicht auf Spotify verfügbar sind. HEY CLAN CELENTANO, gib mal endlich die Originalversion von „Yuppi Du“ frei!
Tickets für die Show im Luxor, gibt es hier.
Foto: Alessandro Merlo