Alles ist Scheiße! Bitte sperr‘ mich ein und lass‘ mich verrotten! So, oder so ähnlich startet die neue und erst zweite Platte der philadelphischen-pennsylvanischen Metalcore-Band JESUS PIECE. Es gibt kein Intro, sondern direkt auf die Fresse. In den folgenden neun weiteren Stücken – insgesamt kommt das Album auf eine Laufzeit von 27 Minuten – wird die Stimmung noch düsterer. Also eigentlich genau die richtige Musik zur Weihnachtszeit.
Auch wenn der Bandname keinen direkten Bezug zum Christentum hat, sondern von einem Schmuck Anhänger stammt, welcher sich in der goldenen Variante großer Beliebtheit in der HipHop Community erfreut, ist er für eine Hardcore Band etwas ungewöhnlich. Hardcore Bands haben eigentlich andere Bandnamen; heißen VORKRIEGSJUGEND, RIOT REISER, BLUTTAT, PISSRINNE oder (auch ganz putzig) VERNARBTE ROSETTEN. Jedenfalls Kartoffel-Hardcore-Kapellen. Na gut, zugegeben, das sind wahrscheinlich eher Namen von Punkbands. Und wenn man die letztgenannte googelt, landet man nicht auf einer Bandseite, sondern auf der Seite der Apotheken-Rundschau. Aber vielleicht ist die Apotheken-Rundschau auch direkt die richtige Adresse, nach dem Besuch eines JESUS PIECE Konzertes. Denn die Moshpits vor den Bühnen von JESUS PIECE ähneln Kriegsschauplätzen, denen sich nur Geisterkranke freiwillig nähern.
Ob man das das ganze Hardcore-Ding jetzt so völlig ernst nehmen muss, kann ich für mich selber auf jeden Fall beantworten: NEIN! In den Texten von JESUS PIECE befindet sich definitiv kein Augenzwinkern oder eine Aussicht auf eine bessere Zukunft. Aber es gibt „Angebote“, wie man mit den Realitäten klarkommen kann. Und die gehen trotz der zweifellos vorhandenen Wut und Ablehnung der Verhältnisse, keinesfalls in eine „Wutbürger-Richtung“ oder bedienen ein „Ausgestoßenen-Narrativ“. Im Gegenteil. In ihrem Track „Adamant“ raten sie explizit von einem ständigen Oppositions State of Mind ab, und fordern dazu auf, mit dem was man hat „zu arbeiten“. Das klingt fast etwas demütig. Man soll aber auch ausreichend schlafen (wahrscheinlich damit’s einen nicht direkt beim Konzert aus den Socken haut) und nicht jeden Scheiß glauben. Wahre Worte! Ich leg mich jetzt erstmal auch wieder hin. Bis Montag!
Foto: Phobymo