Vor einiger Zeit hat mir jemand auf einer Hochzeit in Berlin gesagt, als wir über Kölner Ausgeh-Möglichkeiten sprachen, dass die Jazz-Kneipe „Metronom“ im Pantaleonsviertel (oder etwa schon Griechenmarktviertel) ein Ort wäre, an dem man sich nicht wie in Köln fühlen würde. Das war als Kompliment gemeint. An diesem Mittwoch fühlt es sich im ausverkauften Ehrenfelder Club „Bumann & SOHN“ definitiv auch nicht wie in Köln an. Und das liegt nicht alleine an den beiden auftretenden Berliner Bands OUM SHATT und KARA DELIK. Woran es tatsächlich liegt? Keine Ahnung! Aber irgendeine Einleitung muss man ja schreiben, denn Meta fickt alle Überschriften die auf eine Veranstaltung schließen lassen echt hart und versteckt entsprechende Texte frecherdings vor Deiner Timeline.
Das Trio KARA DELIK habe ich im Vorfeld mit einer anderen Band aus Berlin verwechselt. Nämlich mit KALA BRISELLA. Dort trommelt auch eine Frau, genau wie bei KARA DELIK. Bei KALA BRISELLA heißt die Schlagzeugerin Anja Müller, bei KARA DELIK Eilis Frawley. Dass bei KARA DELIK auch eine Frau trommelt, wusste ich vorher nicht. Das ist aber auch egal. Also, dass ich das vorher nicht wusste. Musikalisch haben die beiden Bands nicht besonders viel gemeinsam. Während des Sets von KARA DELIK fragt mich einer, wie das Instrument heißt das Barış Öner spielt. Ich sage Sar und meine aber Saz. Wahrscheinlich sage ich Sar wegen Sitar. Derjenige der gefragt hat, fragt aber noch einen anderen. Und der sagt Sitar. Eilis Frawley spielt bei KARA DELIK nicht nur Schlagzeug, sondern sie schreit auch zwischendurch. Das macht sie so gut, dass vor mir eine Gruppe von drei Frauen während Frawley gerade wieder besonders gut schreit, jemanden mit dem Telefon anrufen und sich dabei ganz begeistert anschauen. Die Band KARA DELIK spielt jedenfalls das beste, druckvollste und unterhaltsamste Support-Set, dass ich jemals in meinem Leben im Bumann & SOHN gesehen habe. Mindestens! Der Veranstalter betont nach dem Konzert, dass im Bumann & SOHN aber schon sehr viele gute Support-Sets stattgefunden haben. Aber eigentlich gibt er mir Recht. Glaube ich jedenfalls. Dass ich Recht habe, kann man schon daran festmachen, dass das Publikum eine Zugabe fordert; die aber wegen eines „engen Zeitplans“ nicht gespielt werden kann. Man würde aber bald schon wieder in Köln spielen. Am 27. März. Leider wisse man nicht wo. Oh Mann. Berlin halt. Da helfen wir Kölner natütlich gerne: Am 26. April spielen KARA DELIK im Rahmen der c/o pop im Büze. Tickets findet man hier. Hoffentlich gibt es dann auch wieder Exemplare der fantastischen 7″ Ausgabe ihrer vierteiligen „Singularities“ Reihe. Die ist nach dem Konzert heute ausverkauft. Würde mich nicht wundern, wenn sie es auch schon vor dem Konzert war.
Um kurz vor 9h kommen dann nach und nach die Mitglieder von OUM SHATT auf die Bühne, um nochmal kurz einen Soundcheck zu machen. Sie werden heute Abend auf jeden Fall deutlich lauter spielen, als noch im Jahr 2018 beim ihrem Auftritt am selben Ort, der mittelmäßig besucht war, und bei dem ich damals die Frage gestellt habe, ob „Köln einen Hype verschläft“. Ein Hype war es eben nicht. Sonst wären sie ja heute nicht mehr hier. Ich habe das auch gar nicht geschrieben. Hab’ ich gerade gesehen. Damals gab es noch jemanden in der Redaktion, der kleine Textvorschauen für Social Media verfasst hat, damit die Texte besser dargestellt werden. Eigentlich hätte man den letzten Satz auch nach „Redaktion“ beenden können.
Während des Soundchecks lässt DJ Pascal türkische Psychedelia laufen die dem Kölner Experten für türkische Psychedelia (aber nicht nur) Burak Fahri Icer aka Burakete anscheinend ganz gut gefällt. Sieht jedenfalls so aus, wenn man seinen Gesichtsausdruck neben DJ Pascal deuten will. Was aber noch viel interessanter ist – und jetzt kommt Chris Imler ins Spiel. Wenn Chris Imler ins Spiel kommt, ist es meistens so, dass Chris Imler dann das Interessanteste ist. Man weiß aber nicht ob Chris Imler das weiß oder will. Na jedenfalls spielt Chris Imler mit den Drumsticks zwischen den Zehen seines linken Fußes – und das ist nicht sein Schreibfuß – den Beat von dem Stück dass DJ Patrick aufgelegt hat sofort absolut synchron mit. Genauso geschieht es! Und das Konzert wird noch besser! Das liegt an mehreren Fakten, die jetzt aufgelistet werden:
01 Das neue Album „OPT OUT“ ist sehr gut geworden.
02 Einige Stücke des alten Albums „Oum Shatt“ sind inzwischen zu Klassikern gereift. Dank an radioeins!
03 OUM SHATT haben eine sehr sehr gute Rhythmustruppe. Neben dem bereits erwähnten Chris Imler muss man auch unbedingt den neuen Bassisten Rémi Letournelle erwähnen, der neben dem Bassspiel auch noch sehr wichtige Dinge mit dem Synthesizer erledigt. Die Chemie mit Richard Muprhy (Gitarre) und Jonas Proppe (Songwriting, Gitarre, Gesang) stimmt.
04 „Tripped Up / Laid Low“ ist vielleicht nicht der bekannteste Track der Band. In der Liveversion entwickelt sich das Stück jedoch nicht zuletzt dank Chris Imlers Schlagzeugspiels zu einem kathartischen Monster, dass das Herz und den Höhepunkt der Show darstellt.
Fazit: Wenn die Band die Gunst der Stunde nutzt und in etwas hochwertigeres Equipment und Rauschgift investiert, um so im Sommer größere Festivals spielen zu können, sollten ab Herbst Konzerte in Clubs der Größe des Bumann & SOHNs (oder kleiner) für immer der Vergangenheit angehören.